Montag, 10. Februar 2025

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Syn­ode will wei­te­res Gespräch mit der Lan­des­kir­che
zur Pfarr­stel­len­frei­ga­be

Syn­oda­le unter Druck: Ein fata­ler Mecha­nis­mus nimmt den Evan­ge­li­schen Kir­chen­kreis Lüden­scheid-Plet­ten­berg in die Zan­ge. Der aus­blei­ben­de Pfar­rer­nach­wuchs und ein bereits von der Lan­des­syn­ode beschlos­se­nes Gesetz zur Frei­ga­be von Pfarr­stel­len könn­te dazu
füh­ren, dass sich die Zahl der Pfarr­stel­len bis 2031 von der­zeit 27 (ohne Ein­rech­nung der kreis­kirch­li­chen Stel­len wie Schul­pfar­rer usw.) auf vor­aus­sicht­lich 11,25 ver­rin­gert. Gleich­zei­tig müs­sen sich die Syn­oda­len mit der Ein­rich­tung soge­nann­ter Koope­ra­ti­ons­räu­me befas­sen, in
denen sich Gemein­den zusam­men­schlie­ßen, um die seel­sor­ge­ri­sche Ver­sor­gung sicher­zu­stel­len. Dazu kommt der Auf­bau Inter­pro­fes­sio­nel­ler Pas­to­ral­teams (IPT), wel­che die weni­gen ver­blie­be­nen Pfar­re­rin­nen und Pfar­rern in der Arbeit vor Ort unter­stüt­zen sol­len.

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Super­in­ten­dent Dr. Chris­tof Gro­te und die Syn­ode des Kir­chen­krei­ses spra­chen sich mit gro­ßer Mehr­heit dafür aus, am 2. Sep­tem­ber Son­der­ta­gung durch­zu­füh­ren. Ziel müs­se es dann sein, mit der zustän­di­gen Per­so­nal­re­fe­ren­tin der Lan­des­kir­che über künf­ti­ge Pla­nun­gen zu spre­chen und hier­bei eige­ne Vor­schlä­ge vor­zu­le­gen (Foto: EKKLP)


„Das ist ein Pro­zess, auf den wir uns ein­stel­len müs­sen und der uns dau­er­haft for­dern wird“, sag­te Super­in­ten­dent Dr. Chris­tof Gro­te bei der Tagung der Kreis­syn­ode am 21. Mai im Evan­ge­li­schen Gym­na­si­um Mei­nerz­ha­gen. Von einer Lösung ist der Kir­chen­kreis aller­dings noch weit ent­fernt. Mehr­heit­lich stimm­te die Syn­ode ledig­lich dem Vor­schlag zu, eine Son­der­ta­gung am 2. Sep­tem­ber durch­zu­füh­ren und dort zusam­men mit Ober­kir­chen­rä­tin Kat­rin Göcken­jan-Wes­sel über künf­ti­ge Pla­nun­gen zu spre­chen. Kat­rin Göcken­jan-Wes­sel ist die zustän­di­ge Per­so­nal­re­fe­ren­tin der Lan­des­kir­che. Die Syn­oda­len hof­fen, dass sie mit Ver­weis auf die Beson­der­hei­ten des länd­lich struk­tu­rier­ten Kir­chen­krei­ses Lüden­scheid-Plet­ten­berg Ände­run­gen her­bei­füh­ren kön­nen.


Noch kön­nen sich nur weni­ge Syn­oda­le vor­stel­len, wel­chen Weg die Arbeit der Pfar­re­rin­nen und Pfar­rer in den nächs­ten Jah­ren neh­men wird. Ob eine Mit­tel­ori­en­tie­rung, wie sie Dr. Peter Böh­lemann in sei­nem Vor­trag „Hoff­nung für Kir­che in fra­gi­len Zei­ten“ unter ande­rem emp­fahl, die Lösung ist? Der Lei­ter des Insti­tuts für Aus‑, Fort- und Wei­ter­bil­dung der Ev. Kir­che von West­fa­len zeig­te auf, dass Kir­che in sei­ner Geschich­te immer im Wan­del gewe­sen sei. Dazu mach­te er deut­lich, dass neue Her­aus­for­de­run­gen auch immer Chan­cen mit sich bräch­ten. Die Kir­che ste­he sehr her­aus­for­dern­den Zei­ten gegen­über, die sie aber meis­tern kön­ne. Böh­lemann lehn­te sich in sei­nem Vor­trag an die The­sen der US-Pro­fes­so­rin Saras D. Saras­vat­hy an.


Neben der Mit­tel­ori­en­tie­rung hat die ame­ri­ka­ni­sche Wis­sen­schaft­le­rin drei wei­te­re Prin­zi­pi­en für erfolg­rei­che Füh­rung for­mu­liert. Dazu zählt die Fra­ge nach dem leist­ba­ren Ver­lust, nach Ver­ein­ba­run­gen und Part­ner­schaf­ten sowie das Prin­zip der Umstän­de und Zufäl­le. Auch
Uner­war­te­tes kön­ne danach als nor­mal und als Chan­ce für Inno­va­ti­on und Ent­wick­lung ange­se­hen wer­den.

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Asses­sor Mar­tin Pogor­zel­ski (links), der auch Vor­sit­zen­der des Struk­tur- und Per­spek­tiv­aus­schus­ses im Kir­chen­kreis ist, blick­te aus Sicht des hei­mi­schen Kir­chen­krei­ses und sei­ner 23 Kir­chen­ge­mein­den wäh­rend der Tagung mit gro­ßer Skep­sis auf die zu erwar­ten­de Ent­wick­lung. Den vor­ge­ge­be­nen Weg der Lan­des­kir­che, soll­te der Kir­chen­kreis nicht mit­ge­hen (Foto: EKKLP)


Asses­sor Mar­tin Pogor­zel­ski, der auch Vor­sit­zen­der des Struk­tur- und Per­spek­tiv­aus­schus­ses im Kir­chen­kreis ist, blick­te aus Sicht des hei­mi­schen Kir­chen­krei­ses und sei­ner 23 Kir­chen­ge­mein­den wäh­rend der Tagung mit gro­ßer Skep­sis auf die zu erwar­ten­de Ent­wick­lung. Pfarr­stel­len­be­set­zung nach einem rein mathe­ma­ti­schen Schlüs­sel sei kei­ne Lösung. Das sei eher ein „Pfar­rer-Burn­out-Pro­gramm“. Denn nach dem Pro­gramm der Lan­des­kir­che wer­de es ab 2031 nur noch eine ein­zi­ge Kir­chen­ge­mein­de im Kir­chen­kreis geben, die über eine Voll­zeit­stel­le für eine eige­ne Pfar­re­rin oder einen eige­nen Pfar­rer ver­fü­ge. Es sei die Pflicht der Kir­chen­lei­tung, einen ande­ren Weg zur
künf­ti­gen Pfarr­stel­len­be­set­zung zu suchen.


Zur Ver­deut­li­chung: Die Lan­des­syn­ode hat­te 2021 beschlos­sen, bis 2025 Pfarr­voll­zeit­stel­len ab einer Gemein­de­glie­der­zahl von 3000 frei­zu­ge­ben. Ab 2026 soll sich die­ser Schlüs­sel auf 4000 Gemein­de­glie­der erhö­hen und ab 2031 soll eine Pfarr­voll­stel­le für über 5000 Gemein­de­mit­glie­der zustän­dig sein.


Wel­che dras­ti­schen Fol­gen die­ses Vor­ha­ben hat, ver­deut­li­che Mar­tin Pogor­zel­ski mit kon­kre­ten Zah­len an zwei Bei­spie­len. Dabei zeig­te er die umfas­sen­den Ver­än­de­run­gen der geplan­ten Koope­ra­ti­ons­räu­me 2 (Plet­ten­berg, Eiring­hau­sen, Ohle und Her­scheid) und 8 (Lüden­scheid
Ver­söh­nungs­kir­che, Brü­ning­hau­sen und Kreuz­kir­che) in den nächs­ten Jah­ren mit dem Hin­weis: „Die­se Span­nun­gen und per­so­nel­le Kon­se­quen­zen sind in allen Koope­ra­ti­ons­räu­men vor­han­den.“


Die­se Ent­wick­lung, fürch­tet er, „mache die Men­schen und die Gemein­den kaputt.“ Und wei­ter: „Es gibt kei­ne Alter­na­ti­ve, als die Orts­ge­mein­den zu stär­ken. Sie wer­den krea­tiv, wenn man sie nur lässt.“ Dazu sei aller­dings ein Umden­ken in den kirch­li­chen Lei­tungs­gre­mi­en not­wen­dig. „Kor­ri­do­re und Zah­len sind Gestal­tungs­merk­ma­le der Ver­gan­gen­heit“, stell­te Mar­tin Pogor­zel­ski fest. „Die­sen
Weg soll­ten wir nicht mit­ge­hen.“


Muss pfarr­amtl­li­che Ver­sor­gung immer flä­chen­de­ckend sein?
Kreis­syn­ode in Mei­nerz­ha­gen, kurz nach 13 Uhr: Pfar­rer Stef­fen Pogor­zel­ski packt sei­ne Sachen und ver­lässt den Tagungs­raum im Ev. Gym­na­si­um. Drin­gen­de Amts­ge­schäf­te. Unauf­schieb­bar. Eine Ver­tre­tung konn­te er nicht orga­ni­sie­ren. Das könn­te in Zukunft immer wie­der pas­sie­ren. Auch in ande­ren Situa­tio­nen. Pfar­re­rin­nen und Pfar­rer wer­den im Ev. Kir­chen­kreis Lüden­scheid-Plet­ten­berg zur kos­ten­ba­ren Man­gel­wa­re. 2031 ste­hen deut­lich weni­ger Gemein­de­pfar­re­rin­nen und ‑pfar­rer zur Ver­fü­gung als heu­te. Die Grün­de sind bekannt.

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Pfar­rer Stef­fen Pogor­zel­ski (Mit­te) nutz­te die Mög­lich­keit, sich nach dem Vor­trag von Dr. Peter Böh­lemann mit dem Refe­ren­ten aus­zu­tau­schen. Pogor­zel­ski ist wie Mathea Die­ker (links) Mit­glied einer Grup­pe, die sich kon­kret über die Zukunft im Kir­chen­kreis über 2031 hin­aus inten­si­ve Gedan­ken macht. Als jun­ge Geist­li­che des Kir­chen­krei­ses sind sie von den lang­fris­ti­gen Ver­än­de­run­gen per­sön­lich betrof­fen (Foto: EKKLP)


„Ich hät­te dazu gern noch im Ple­num etwas gesagt“, sagt der jun­ge Geist­li­che. Er und eini­ge Kol­le­gen wer­den am eige­nen Leib erle­ben, wie sich ihre Arbeit in den Gemein­den bis 2031 und vor allem danach ver­än­dern wird. Die Anpas­sung der Pfarr­stel­len und die von der Lan­des­kir­che initi­ier­ten Inter­pro­fes­sio­nel­len Pas­to­ral­teams beschäf­ti­gen die jün­ge­ren Pfarr­stel­len­in­ha­be­rin­nen und ‑inha­ber schon län­ger. Sie haben eine Rei­he von Gesprä­chen geführt. Bei der Kreis­syn­ode wur­de ein Papier ver­teilt, in dem die Geist­li­chen, die vor­aus­sicht­lich auch 2031 und danach noch im Dienst sein wer­den, ihre Gedan­ken zusam­men­ge­fasst haben.


In den Inter­pro­fes­sio­nel­len Pas­to­ral­teams (IPTs) aus unter­schied­li­chen Berufs­grup­pen, die im Bereich der pas­to­ra­len Arbeit nach und nach an die Stel­le von Teams tre­ten, die bis­lang aus­schließ­lich aus Pfar­re­rin­nen und Pfar­rern bestan­den, sehen sie grund­sätz­lich eine Chan­ce.
Kri­tisch sehen sie das The­ma Bezah­lung: Ver­schie­de­ne Gehäl­ter bei glei­cher Arbeit erschwe­ren das Arbei­ten auf Augen­hö­he. Ist das gerecht?, heißt es in dem Papier. Auch die Fra­ge danach, wer künf­tig als das Gesicht der Gemein­de ange­se­hen wer­de, bringt die jun­gen Pfar­re­rin­nen und Pfar­rer ins Grü­beln. „Bis­her haben sich die Gemein­den stark über ihre/n Orts­pfar­re­rin bzw. Orts­pfar­rer iden­ti­fi­ziert“, schrei­ben sie.


Zum The­ma „Pfarr­amt­li­che Ver­sor­gung“ füh­ren sie Erhe­bun­gen an, die bele­gen: Die Zuge­hö­rig­keit der Men­schen zur Orts­ge­mein­de ste­he und fal­le über die Iden­ti­fi­zie­rung mit der Orts­pfar­re­rin oder dem Orts­pfar­rer. „War­um wird die­ses Prin­zip aus­ge­höhlt?“ fra­gen sie und stel­len fest: „Bes­ser eine leben­di­ge Gemein­de als drei pfarr­amt­lich mit dem Nötigs­ten ver­sorg­te.“


Auch die Fra­ge nach dem geist­li­chen und theo­lo­gi­schen Hin­ter­grund für die flä­chen­de­cken­de pfarr­amt­li­che Ver­sor­gung rein nach Kor­ri­dor­zah­len beschäf­tigt die jün­ge­ren Pfar­re­rin­nen und Pfar­rer.


Zudem fürch­ten sie um die Frei­heit des Pfarr­be­rufs? Was gesche­he bei­spiels­wei­se mit der Gestal­tungs­frei­heit in den Gemein­den vor Ort, wenn die Ver­wal­tungs­ein­hei­ten immer grö­ßer wür­den, fra­gen sie.


Ver­än­der­te Rah­men­be­din­gun­gen könn­ten die Gestal­tung von Kir­che und Gemein­de erleich­tern, „ohne sie in das Kor­sett der Kor­ri­dor­zah­len zu zwin­gen.“ Sie schla­gen vor, den Zugang zum Pfarr­be­ruf ein­fa­cher zu gestal­ten. So könn­ten Gemein­den mit Hil­fe von För­der­ver­ei­nen selbst Pfarr­stel­len finan­zie­ren. Koope­ra­ti­ons­räu­me soll­ten sich nicht nur an räum­li­chen Kri­te­ri­en ori­en­tie­ren. Sie soll­ten viel­mehr vor dem Hin­ter­grund inhalt­li­cher Nähe ein­ge­rich­tet wer­den. Wei­ter­hin stel­len sie die Fra­ge nach Alter­na­ti­ven zur flä­chen­de­cken­den pfarr­amt­li­chen
Ver­sor­gung.


Finanz­sat­zung soll über­ar­bei­tet wer­den
Bernd Göbert, Ver­wal­tungs­lei­ter des Kreis­kir­chen­am­tes stell­te auf der Kreis­syn­ode die ers­ten Über­le­gun­gen zur Ände­rung der Finanz­sat­zung des Evan­ge­li­schen Kir­chen­krei­ses Lüden­scheid-Plet­ten­berg vor.

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Bernd Göbert, Ver­wal­tungs­lei­ter des Kreis­kir­chen­am­tes stell­te auf der Kreis­syn­ode des Evan­ge­li­schen Kir­chen­krei­ses Lüden­scheid-Plet­ten­berg, ers­ten Über­le­gun­gen zur Ände­rung der Finanz­sat­zung vor (Foto: EKKLP)


Die aktu­el­le Finanz­sat­zung stammt aus dem August 2007. „Seit­her haben sich vie­le Auf­ga­ben in unse­rem Kir­chen­kreis ver­än­dert“, stell­te Bernd Göbert fest. So sei­en Anpas­sun­gen mit Blick auf die künf­ti­ge Besol­dung der Pfar­re­rin­nen und Pfar­rer sowie der Stel­len im Bereich der
Inter­pro­fes­sio­nel­len Pas­to­ral­teams not­wen­dig.


Vor­stell­bar sei auch eine Aus­glie­de­rung des Betriebs „Alter Leucht­turm“, dem Kur- und Frei­zeit­haus auf Bor­kum, in eine gemein­nüt­zi­ge GmbH.


Nach­ge­dacht wer­de auch über Anpas­sun­gen, die das Dia­ko­ni­sche Werk im Kir­chen­kreis betref­fen, erläu­ter­te der Chef der Ver­wal­tung wei­ter. Ziel sei es, die Grund­la­gen der Finan­zie­rung dia­ko­ni­scher Auf­ga­ben trans­pa­ren­ter zu gestal­ten, bei­spiels­wei­se durch pro­zen­tua­le Zuwei­sun­gen aus der Finanz­aus­gleich­kas­se. Damit ein­her gehen könn­te eine Anpas­sung der Lei­tungs­struk­tur mit mög­li­cher­wei­se mehr Voll­mach­ten für die Geschäfts­füh­rung des Dia­ko­ni­schen Wer­kes. Der Ver­wal­tungs­lei­ter des Kreis­kir­chen­am­tes beton­te bei der Tagung in Mei­nerz­ha­gen, dass bis­lang noch kein fer­ti­ges Kon­zept vor­lie­ge, son­dern dass es sich bei die­sen Vor­schlä­gen nur um ers­te Über­le­gun­gen han­de­le.

@EKKLP

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