Es war erst kurz nach 12 Uhr im schwedischen Mora, als die ersten Glückwünsche eintrafen.

So ganz registriert hatten die beiden ihre gerade vollbrachte Leistung zu dem Zeitpunkt wohl noch nicht.

Benjamin Selter vom TV Attendorn und Melina Schöttes vom SC Oberhundem standen im Ziel des wohl berühmtesten und größten Langlaufereignisses weltweit, dem schwedischen Wasalauf.

90 Kilometer lagen hinter ihnen, die sie in einer unglaublichen Zeit bewältigt hatten.

„Klar waren die Bedingungen gut und mit einem schnellen Rennen konnte man rechnen“, erläutert Andreas Schöttes, der als Betreuer vor Ort und an der Strecke stand, „die letztendlich gelaufenen Zeiten aber hatte niemand eingeplant.“

4 Stunden und 3 Minuten zeigte die Uhr, als Benjamin Selter den Zielbogen passierte. Damit lief er im 97. Wasalauf die absolut schnellste Zeit, die je ein Läufer aus NRW erreicht hat.

4:34 lautete das Ergebnis von Melina Schöttes, die damit seit Sonntag sogar den deutschen Wasarekord der Frauen hält, denn bisher gab es keine deutsche Skilangläuferin, die die original Wasastrecke über 90 Kilometer schneller gelaufen hat.

Dabei hatte es am Winterbeginn nicht nach solch einem Highlight ausgesehen. Coronabedingt mussten fast alle Skimarathons abgesagt und die geplanten Rennen ad acta gelegt werden.

Lediglich der Profibetrieb wurde ähnlich wie beim Fußball oder dem Radsport aufrecht erhalten.

Genau dadurch aber wendete sich das Blatt für die beiden Ausnahmeathleten aus dem Kreis Olpe. Beide bekamen aufgrund ihrer Topp-Ergebnisse aus den letzten Jahren einen Platz im Zipps-Profiteam und konnten so bereits im Januar mit der Mannschaft in der Schweiz und in Italien an den Start gehen. Mit einem ausgeklügelten Hygienekonzept, spezieller Anreise und Unterkunft und intensiven Testungen durch Mannschaftsarzt Dr. Tannert erfüllten die beiden heimischen Athleten alle Vorgaben.

So standen sie auch am vergangenen Sonntag Seite an Seite mit Olympiasiegern und Weltcupläufern. Auch das Team Zipps bekam prominente Unterstützung durch Thomas Bing, der kurz zuvor noch bei der Weltmeisterschaft in Oberstdorf für Deutschland am Start war. „Da hat man schon ein wenig Respekt, wenn man in Gesichter blickt, die man bisher nur vom Fernsehen kannte und dann 90 Kilometer vor einem liegen“, fügt Benjamin Selter hinzu.

Es waren vor allem die schnellen Norweger, Schweden und Russen, die von Anbeginn das Tempo machten. Die Temperaturen stimmten, der Himmel strahlte in Blau, aber ein heftiger Wind mit leichtem Flugschnee in den Loipen machte den Sportlern ein wenig zu schaffen.

Gleich zu Beginn ging es in den ersten steilen Anstieg, der schon an den Kräften zerrte. „Nach etwa 10 Kilometern hatte ich dann meinen Rhythmus gefunden“, erläutert die angehende Physiotherapeutin. Und dieses Tempo stand sie durch. Lag sie bei ihrem Einstand vor zwei Jahren noch eine runde Stunde hinter der Spitze, so hatte sie dieses Mal den Abstand zur Siegerin Lina Korsgren auf 42 Minuten verkürzt. Damit wurde sie am Ende genau wie 2019, wieder beste Deutsche und 43. im Gesamtklassement.

Ganze 34 Minuten trennten Benjamin Selter vom ehemaligen norwegischen Weltmeister Tord Asle Gjerdalen. Damit kam er nicht nur als 184. im erlesenen Feld, sondern auch als sechstbester Deutscher insgesamt ins Ziel. „Nach knapp 50 Kilometern hatte ich kurzzeitig ein kleines Tief“, berichtet der 24-jährige Student, „ aber die langen Trainingseinheiten in der Vorbereitung haben sich letztendlich mehr als ausgezahlt.“ „Es ist schon ein Unterschied, ob man 50 oder eben 90 Kilometer läuft“, ergänzt Melina Schöttes.

„Wir hatten an diesem Tag auf jeden Fall einen Topp-Ski“ fügen beide unisono an. Den hatte kein Geringerer präpariert als der ehemalige Olympiavierte Torald Rein. Im nächsten Jahr wollen beide wieder am Start stehen, mit den Profis und hoffentlich auch wieder mit 16 000 weiteren Leistungssportlern und den begeisterten Zuschauern am Rand. „Dann wird es für mich die zweite Premiere geben“, freut sich Benjamin Selter schon jetzt. Am Ende ist ihm eines ganz wichtig: “Danke an Christian Bruse und die Bigge-Energie für die tolle Unterstützung !“ „Auch ich möchte mich bei den Firmen Bals, Patt und Bever bedanken, ohne die Langlauf auf diesem Niveau für mich nicht so einfach möglich wäre“, ergänzt Melina Schöttes. Ob das Rennen für beide der Saisonabschluss ist oder noch eine Deutsche Meisterschaft in Oberwiesenthal stattfindet, klärt sich in den nächsten Tagen.

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