Es war mal wieder Sonntag – einer dieser vielen Sonntage, die pandemiebedingt im Einerlei des Alltags untergehen. Normalerweise ist der Sonntag Familientag: viele kleine Rituale machen den Tag zu etwas besonderem. So beginnen wir mit einem ausgedehnten Frühstück mit allem, was das Herz begehrt. Danach geht’s auf zum Gottesdienst und dann folgen Unternehmungen als Familie: eine Fahrradtour, ein Besuch in der Eisdiele oder im Zoo oder Treffen mit anderen Familien, um gemeinsam Zeit zu verbringen. Normalerweise – das war vor der Pandemie. Nun blieb uns noch das ausgedehnte Frühstück und der Gottesdienst digital – per YouTube ins Wohnzimmer. Anfangs war das noch ganz gemütlich: wann sonst ist es möglich, im Schlafanzug der Predigt zu lauschen? Schnell jedoch wurde klar, dass „Kirche im Wohnzimmer“ eben doch nicht ganz dasselbe ist, wie „in echt“. Die Sinne werden nicht so angesprochen, wie in der Kirche. Es fehlt einfach das Gefühl: der vertraute Geruch des alten Gemäuers der Erlöserkirche, die tanzenden Sonnenstrahlen, die sich vielfach in den bunten Fensterscheiben brechen und die Bilder immer wieder neu erstrahlen lassen, die besondere Stille und natürlich das Treffen auf andere Menschen. Ein kurzer Gruß, ein Nicken, ein Wiedererkennen…

img 8071
Foto: Beatrice Oevermann / Lars Kirchhoff

So begann also der Sonntag: ohne konkrete Ideen. Aber halt: da war was…in der Zeitung war Freitag zu lesen, dass es eine „Kirche to go“ für Kinder geben sollte. Die Kindergottesdienstmitarbeiter*innen haben sich was ausgedacht und sowohl in der Friedens- als auch in der Erlöserkirche sollten kleine Tüten mit Inhalt für einen Kindergottesdienst bereitstehen. Was für eine nette Idee! Das Wetter war traumhaft, sodass das Abholen direkt mit einer kleinen Fahrradtour verbunden werden konnte. Mit einem konkreten Ziel vor Augen strampelt es sich eben leichter!

img 8072
Foto: Beatrice Oevermann / Lars Kirchhoff

An der Kirche angekommen präsentierte diese sich ziemlich leer – für einen Sonntag ein ungewöhnlicher Anblick – aber mittlerweile leider Normalität. Dafür aber nicht weniger schmucklos: die Stille umfing uns wohltuend und vertraut. Eine einzelne gelbe Rose schmückte den Altar. Es war alles, wie immer. Nichts hatte sich verändert. Auf den Stufen des Altars waren liebevoll die Tütchen aufgebaut und warteten darauf, mitgenommen zu werden. Schnell also zwei Exemplare verstaut: das Öffnen sollte daheim passieren in vertrauter Umgebung mit der nötigen Ruhe. Danach setzten wir uns in die vertrauten Kirchenbänke, genossen für einen kurzen Moment die Atmosphäre und nahmen uns Zeit für ein stilles Gebet. Und während wir so dasaßen, sprach die Jüngste unter uns aus, was wir Erwachsenen längst dachten: „Mir fehlen die Gottesdienste.“

Daheim angekommen wurde neugierig der Tüteninhalt ausgepackt. Hervor kamen Rätsel, eine Geschichte zum Vaterunser, eine Bastelvorlage für ein Leporello, eine Aufgabe zum Malen, Noten zum Singen, ein Segensspruch –liebevoll einlaminiert und ein großes rotes Papierherz mit herzlichen Grüßen vom Kindergottesdienstteam. Die Geschichte wurde gemeinsam gelesen und dann mussten erstmal Rätsel und Bastelaufgabe „beackert“ werden. Das Segenssprüchlein fand seinen Platz an der Kinderzimmerpinnwand und das Herz – das zauberte ein großes Lächeln ins Gesicht. Eine sehr schöne Idee, um sich in Erinnerung zu rufen. Vielen herzlichen Dank an das  Team vom Kindergottesdienst!

Beatrice Oevermann

Anderen empfehlen

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein