Auch der Erhalt der Kfz-Steuer-Befreiung und ein Auslaufen der Agrardieselvergütung über drei Stufen mit Abbauschritten von 40, 30 und 30 Prozent pro Jahr konnten die Landwirte nicht überzeugen. In einer einwöchigen Aktionswoche machten die Landwirte im Kreis Olpe und später in Berlin mit Konvois und Informationsveranstaltungen auf ihre Nöte aufmerksam.

Grund genug für die SPD-Bundestagsabgeordnete, das Gespräch mit Georg Jung, Geschäftsführer des Kreisverbandes Olpe des WLV (Westfälisch-Lippischer Landwirtschaftsverband e. V.) und dessen Vorsitzenden Michael Richard zu suchen. Überraschend für manchen Beobachter: In vielen Punkten waren sich die Abgeordnete und die Vertreter der Landwirtschaft einig. Auch darüber, dass die Subventionen am Ende nur zum Teil im Portemonnaie der Bauern landen, sondern bei den Lebensmittelkonzernen wie Aldi, Lidl, Rewe und Co, die sehr starken Einfluss auf die Produktpreise der Landwirtschaft nehmen.

Auch wenn die Abgeordnete im schrittweisen Abbau der Steuervergünstigung für Agrardiesel eine Möglichkeit sieht, den Betrieben mehr Planungssicherheit zu geben, zeigt sie sich unzufrieden mit dem Zustandekommen, da die Abgeordneten von der einsamen Entscheidung der drei Ampel-Regierungschefs selbst überrascht wurden. „Wir wurden leider in keiner Weise vorab kontaktiert und in diese kurzfristige Hauruck-Entscheidung aufgrund des Verfassungsgerichtsurteils zur Haushaltsplanung einbezogen“, so Baradari. Dennoch sei sie froh, dass durch die Proteste der Landwirte und die Intervention der Bundestagsabgeordneten die Rücknahme der Kfz-Steuerermäßigung trotz der schwierigen Haushaltslage nun doch nicht komme.

Vor allem die überbordende Bürokratie und die Unsicherheit über politische Entscheidungen und damit die Planbarkeit bringen die Landwirte auf die Palme. In weiten Teilen zu Recht, stimmt Baradari zu. Jung erwartet „Rahmenbedingungen, mit denen wir leben können“, insgesamt sei es „eine Frage der Verlässlichkeit. Gesetzgebung und Rahmenbedingungen müssen zur Verlässlichkeit beitragen und nicht das Gegenteil bewirken“.

Alle drei sind sich einig: Die Gesamtbelastung durch Bürokratie und ein großes Bündel von Auflagen und Nachweispflichten ist zu hoch, es gibt berechtigten Ärger über mangelnde Kommunikation, die Schnelligkeit vieler Entscheidungen wirkt unausgegoren. Insgesamt und mittelfristig sei ein Neustart in der Landwirtschaft mit Planungssicherheit für die Landwirte und Ernährungssicherheit für die Bevölkerung das Ziel, möglichst im Einklang mit verbessertem Tier- und Naturschutz. Die dazu notwendigen sehr umfänglichen Transformationsmittel würden zwar immer wieder in Aussicht gestellt, erreichen die Landwirtschaft aber nicht im notwendigen Umfang. Der gewünschte Wettbewerb in der EU funktioniere zunehmend schlechter, da Tierwohlansprüche aber auch Bau- und Betriebskosten in Deutschland erheblich höher seien als in vielen Nachbarstaaten. Kleine und mittlere Betriebe müssten gestärkt werden und ein nachhaltiger Umbau ohne die bisherige Form der Subventionierung wünschenswert. Dabei dürfe nicht vergessen werden, dass die Landwirtschaft in Deutschland in sich heterogen sei. Von Europa ganz zu schweigen. Die Landwirtschaft in Ostdeutschland unterscheidet sich deutlich von der im Münsterland. Und beide unterscheiden sich erheblich vom Sauerland. Das müsse man berücksichtigen.

Zumindest was den schrittweisen Ausstieg aus der Agrardiesel-Subventionierung angeht, hat Baradari keine großen Hoffnungen, dass diese Entscheidung zurückgenommen wird.

Am Ende des Gesprächs bedankte sich die Abgeordnete ausdrücklich bei den Vertretern der Landwirtschaft und den Landwirten aus dem Kreis Olpe: „Ich freue mich, dass die Demonstrationen im Konvoi unter größter Rücksichtnahme auf den Straßenverkehr stattgefunden haben und dass unsere Landwirte den Versuchen bestimmter Gruppen aus dem rechten Spektrum, die Proteste für ihre Zwecke zu missbrauchen, eine klare Absage erteilt haben“. Es wurde vereinbart, dass sich Politik und Landwirtschaft auch im Kreis Olpe in regelmäßigen Abständen eng austauschen.

Nach dem gemeinsamen Gespräch und nach der ersten Sitzungswoche im Bundestag berichtete die Bundestagsabgeordnete, dass ein Entschließungsantrag verabschiedet wurde, wonach bis zum Sommer in einem gemeinsamen intensiven Dialog konkrete Vorschläge zur Entlastung der Landwirtschaft erarbeitet werden sollen. Ermutigend sei, dass für die nationale Agrarstrukturförderung in diesem Jahr mehr als eine Milliarde Euro zur Verfügung stünden. Trotz der harten Sparvorgaben konnten in den Haushaltsberatungen die geplanten Kürzungen bei der Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz (GAK) fast vollständig zurückgenommen werden.
„Mit 907 Millionen Euro in der GAK und zusätzlichen 125 Millionen Euro für die GAK-Waldmaßnahmen haben wir eine gute Grundlage, um die integrierte ländliche Entwicklung zu fördern, unsere deutschen Wälder zu stärken und die gesellschaftlichen Leistungen der Bäuerinnen und Bauern in unserem Land zu honorieren. Die Förderung starker ländlicher Räume bleibt gesichert“, so Baradari abschließend.

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