„Seit einem Monat ist das E-Rezept Standard und die Zahl der elektronischen Verordnungen in die Höhe geschnellt“, zieht Ulf Ullenboom, Vorsitzender der Bezirksgruppe Olpe im Apothekerverband Westfalen-Lippe (AVWL) eine erste Bilanz.

Mittlerweile ist durchschnittlich jedes zweite Rezept ein elektronisches. Wobei in manchen Apotheken fast ausschließlich E-Rezepte ankommen, während in anderen nur wenige eingelöst werden. In der vierten Januarwoche sind nach Angaben der Gematik, der Digitalagentur des Bundes, bundesweit 9 Millionen E-Rezepte eingelöst worden. In der letzten Dezemberwoche war es gerade einmal eine Million.

Erst kommt der Patient, später das Rezept
Die Apotheken in Westfalen-Lippe sind gut aufgestellt: „Die technische Infrastruktur steht seit annähernd zwei Jahren. Seit September 2022 sind wir Apotheken bereits verpflichtet, E-Rezepte anzunehmen. Und die Ärzte in der Modellregion Westfalen-Lippe haben vermehrt E-Rezepte ausgestellt“, so Ulf Ullenboom. Dennoch trete so manches Problem nun zutage, seitdem sich immer mehr Praxen anschließen.

Eines davon: „Manchmal sind die Patienten vor dem E-Rezept in der Apotheke“, berichtet Ulf Ullenboom. Der Grund: Viele Ärzte signieren die einzelnen E-Rezepte aktuell nicht sofort, sondern alle Verordnungen gebündelt zum Beispiel am Ende des Praxistages. Kommen die Patienten direkt nach dem Arztbesuch mit ihrer elektronischen Gesundheitskarte in die Apotheke, haben die Mitarbeiter noch keinen Zugriff auf das E-Rezept. Technisch aber sei es grundsätzlich machbar, dass die Praxen mit der so genannten Komfortsignatur die Rezepte sofort freischalten. „Und in akuten Fällen ist das auch dringend erforderlich, wenn der Patient mit dem Therapiebeginn nicht bis zum Abend oder gar nächsten Tag warten kann“, so Ulf Ullenboom.

Bedürfnis nach Beratung hoch
Ein zweites Problem: „Viele Patienten sind verunsichert, weil sie auf der elektronischen Gesundheitskarte nicht sehen können, was der Arzt verordnet hat. Ihnen fehlt die Kontrollmöglichkeit“, so Ulf Ullenboom. Das Beratungsbedürfnis der Patienten sei daher weiter gestiegen. „Patienten haben zwar grundsätzlich einen Anspruch, in der Arztpraxis einen Papierausdruck zu bekommen, aber wir wollen ja nicht zuletzt aus Umweltgründen eigentlich weg von Papier“, so Ulf Ullenboom.

Schutz vor Regressen gefordert
Eine große Sorge der Apotheken: Die Technik lässt es zu, dass Ärzte Rezepte in der Telematikinfrastruktur erstellen, die kleine formale Fehler aufweisen. Für die Apotheken sind diese kaum zu kontrollieren. „Es darf aber keinesfalls sein, dass die Krankenkassen, wie sie es auch beim rosafarbenen Rezept so oft tun, am Ende für solche Fehler die Apotheken in Regress nehmen. Davor müssen die Apotheken geschützt werden. Egal ob Papier oder elektronisch: Die Apotheken dürfen für Formfehler, die anderen unterlaufen sind, nicht in Regress genommen werden“, fordert Thomas Rochell, AVWL-Vorstandsvorsitzender. Das Bundesgesundheitsministerium als Mehrheitsgesellschafter der Gematik, müsse Sorge dafür tragen, dass das nicht passiert.

Trotz allem aber sei das E-Rezept eine große Chance, so Ulf Ullenboom. „Es vereinfacht vieles für die Patienten.“ Zum Beispiel müssen Patienten für ein Folgerezept nicht mehr unbedingt in die Arztpraxis, sofern sie im laufenden Quartal bereits ihre Gesundheitskarte vorgelegt haben. Die Rezepte könnten kontaktlos übermittelt werden. Wer die technischen Voraussetzungen habe, die E-Rezept-App der Gematik zu nutzen, könne das E-Rezept seiner Apotheke vor Ort online übermitteln – und sich unter Umständen per Botendienst bringen lassen. E-Rezepte könnten auch nicht verloren gehen. „Und im Zusammenspiel mit der elektronischen Patientenakte kann die Versorgung der Patienten weiter verbessert werden“, sagt Ulf Ullenboom. Deshalb müssten diese Startprobleme nun schnell gelöst werden. „Und alle Fragen rund um das E-Rezept werden in allen Apotheken vor Ort gerne beantwortet.“

Der Apothekerverband Westfalen-Lippe e.V. (AVWL):
Die Apotheken in Westfalen-Lippe versorgen die Bevölkerung mit lebenswichtigen Arzneimitteln, sie beraten die Menschen kompetent und vertraulich und erbringen wohnortnah pharmazeutische Dienstleistungen. Der AVWL vertritt die Interessen von rund 1.300 Apothekeninhabern mit 1700 Haupt- und Filialapotheken. Er versteht sich als Zweckverband für die wirtschaftlichen, rechtlichen und berufspolitischen Interessen seiner Mitglieder und vertritt diese nach außen. Weitere Informationen unter www.apothekerverband.de

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