„Ich fühle mich pudelwohl und möchte hier nicht mehr weg“, so Moritz Bäcker, der seit genau einem Jahr einen betriebsintegrierten Arbeitsplatz bei der Firma brill + adloff in Kirchveischede bekleidet. Seither geht er verschiedenen Tätigkeiten in der Produktion des Formen- und Kunststofftechnik-Herstellers nach. Immer im Gepäck: Eine Stulle mit Käse und ganz viel Herzblut. Die berufliche Bildung in den Werthmann-Werkstätten des Caritasverbandes ermöglichte ihm ein Praktikum in der Produktion des Betriebes. Dann nahm sein beruflicher Werdegang Fahrt auf. Seither heißt es getreu dem Firmen-Leitspruch: „Gemeinsam Zukunft formen. Begeistern. Eindruck hinterlassen.“ Strahlemann Moritz Bäcker ist es geglückt.

Wenn er morgens um sechs Uhr seine „Schicht“ antritt, ist gute Laune vorprogrammiert. „Dann“, so berichtet der stellvertretende Produktionsleiter Thorsten Flöper, „begrüßt Moritz freudestrahlend und redselig seine Kolleginnen und Kollegen und kann es gar nicht abwarten, in seinen Arbeitstag zu starten.“ Ein Ritual, das gerade zu Beginn seiner Anstellung eher gewöhnungsbedürftig für die Belegschaft gewesen sei, gibt Flöper unumwunden zu. Ebenso wie die Zusammenarbeit mit einer Person mit Handicap. Hier galt es, Berührungsängste abzubauen und neue Sichtweisen zu gewinnen. Von anfänglicher Skepsis und Unsicherheit ist beim Blick in den Betrieb nun aber keine Spur mehr. „Moritz ist einer von uns“, betont sein direkter Arbeitskollege Uwe.

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Eine funktionierende Partnerschaft: von links: Thomas Flöper, Kerstin Cremer, Larissa Brill und Moritz Bäcker (Foto: Werthmann-Werkstätten)

Teilhabe mitten im Arbeitsleben

Ob Qualitätsprüfung, Aussortierarbeiten, das Verpacken von Ersatzteilen, leichte PC-Tätigkeiten oder die Arbeit an der Schweißmaschine – Moritz Bäcker verrichtet seinen Vollzeit-Job stets mit vollem Elan und großem Engagement. Trotz und gerade wegen seines Handicaps. Seinem prüfenden Blick und wachen Auge entgeht nichts. „Er hat eine gute Auffassungsgabe und ein sehr hohes Qualitätsbewusstsein“, bestätigt Thorsten Flöper, der den 22-jährigen Bilsteiner als Pate und Ansprechpartner im Betrieb begleitet. Unterstützung erhält Moritz Bäcker auch von Kerstin Cremer, Jobcoachin in der Abteilung eXtern der Werthmann-Werkstätten, die sich der beruflichen Bildung von Menschen mit Behinderung verschrieben hat. „Bildung, Arbeit und Teilhabe möglich machen, ist bei uns gelebte und praktizierte Realität“, so die engagierte Caritas-Mitarbeiterin. Doch sei all das nicht ohne tolle Partnerbetriebe und ein Höchstmaß an Transparenz möglich. „Bei brill + adloff sind wir direkt auf offene Türen und Ohren gestoßen, die Zusammenarbeit klappt wunderbar“, freut sich Kerstin Cremer. „Durch die gute Begleitung, einen regen Austausch und vorbildlichen Solidaritätsgedanken ist die Integration eines Menschen mit Handicap in den ersten Arbeitsmarkt hier bestmöglich geglückt.“ Dafür spreche auch die Tatsache, dass inzwischen ein weiterer betriebsintegrierter Arbeitsplatz (biAP) in der Produktion geschaffen wurde und ein Praktikant aus den Werthmann-Werkstätten derzeit als Industriehelfer tätig ist.

Mitnehmen statt Abstand nehmen

„Der wertschätzende Umgang miteinander und die Bereitschaft, neuen Dingen offen gegenüberzustehen zeigen hier, dass der inklusive Gedanke nicht nur Arbeitsplätze, sondern auch einen echten Mehr-Wert für alle schafft“, so Cremer überzeugt. Sie ist begeistert von der Entwicklung des jungen Mannes, der seine Förderziele erreicht hat: „Moritz‘ Selbstwertgefühl ist gestiegen, Lern- und Arbeitsprozesse konnten durch eine enorme Leistungssteigerung weiterentwickelt werden. Das Zusammenspiel mit den Kolleginnen und Kollegen tut ihm gut. Er fügt sich toll ins Team ein“.

Das bestätigt auch die kaufmännische Firmenleitung Larissa Brill: „Moritz ist eine absolute Bereicherung und ein Zugewinn für unser Unternehmen. Dadurch, dass er einen anderen Blick auf manche Dinge hat und auch andere Fragen stellt, reflektieren und hinterfragen auch wir manche Arbeitsabläufe. Oftmals lässt sich mancher Vorgang auch einfacher abbilden und an den Mann bringen“, berichtet Brill augenzwinkernd. „Mit der Anstellung von Menschen mit Behinderung habe das Unternehmen vor einem Jahr Neuland betreten, diesen Schritt jedoch nicht bereut. „Wir möchten vielfältige Möglichkeiten nutzen, um Fachkräfte und tolle Mitarbeitende zu gewinnen“, so Brill. „Ob mit oder ohne Handicap – der Mensch zählt!“ Daher stehe man dem Ausbau einer langfristigen Zusammenarbeit mit den Werthmann-Werkstätten sehr aufgeschlossen gegenüber. „Konkrete Pläne“, so die Firmenleitung unisono, „gibt es schon einige.“  

Bereicherung der Unternehmenskultur

Moritz Bäcker hat Fortschritte im Betrieb angestoßen – auch menschlich. Wo anfänglich Barrieren und Berührungsängste vorherrschten, ist nun ein tolles Miteinander erwachsen, lobt Larissa Brill die Arbeitsatmosphäre innerhalb der Belegschaft. „Wir wussten ja nicht, was uns erwartet und ob die Integration von Menschen mit Handicap in bestehende Teams und Arbeitsabläufe funktioniert“, gibt Thorsten Flöper offen zu. „Die Anfangszeit war ein Ausprobieren und langsames Annähern, wobei Moritz durch sein offenes, unvoreingenommenes Wesen sicherlich manche Brücke bauen konnte“. Die Schritte ging jeder Mitarbeitende eigenständig – in seinem Tempo. Gemeinsam Zukunft formen und Spuren hinterlassen, könnte der neue Leitspruch nun auch heißen.

Infobox:

  • Betriebsintegrierte Arbeitsplätze (BiAP) ermöglichen den Menschen mit Behinderung auch mit eingeschränkter Belastbarkeit in nahezu jedem Berufsfeld tätig zu werden.
  • Die Werthmann-Werkstätten des Caritasverbandes Olpe arbeiten mit Kooperationspartnern aus den Bereichen Industrie, Handwerk, Handel und Dienstleistungen.
  • Den Menschen mit Handicap wird ein betrieblicher Arbeitsalltag geboten, der sich an den persönlichen Interessen, Fähigkeiten und Bedürfnissen orientiert.
  • Insgesamt sind derzeit 48 Menschen mit Behinderung auf einem betriebsintegrierten Arbeitsplatz tätig.
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