Selten führt der Weg junger Menschen mit Handicap nach dem Besuch der Förderschule in eine betriebliche Berufsausbildung. In vielen Fällen sind besondere Förderungen und Erprobungen notwendig. Eine Werkstatt für behinderte Menschen bietet für Jugendliche, die aufgrund ihrer Einschränkungen noch nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können, eine mögliche berufliche Bildung.

„Eine solche Einrichtung sollte auch Andre Matthey nach Ende seiner Schulzeit besuchen“, berichtet Andrea Reschke-Frank, Reha-Beraterin der Agentur für Arbeit Siegen. Der damals 23-Jährige hatte jedoch andere Vorstellungen. „Andre wollte auf keinen Fall in die Werkstatt. Er hatte sich bereits Gedanken gemacht und wusste genau, was er wollte.  Sein Ziel war eine Ausbildung in einem Betrieb“, so Reschke-Frank. Nach Gesprächen mit seinem behandelnden Arzt und einer Begutachtung durch den Fachdienst der Arbeitsagentur, war der erste Schritt zunächst eine Verlängerung der Schulzeit um ein Jahr. Diese Zeit wurde genutzt, um einen passenden Erprobungsbetrieb mit Hilfe des Integrationsfachdienstes für Andre zu finden. Die Aral-Tankstelle Helwig in Bad Berleburg bot diese Möglichkeit. Im Anschluss daran folgte noch eine individuelle betriebliche berufsvorbereitende Maßnahme.

Andre hat den Inhaber der Tankstelle in dieser Zeit von sich überzeugt und begann im Sommer 2019 seine Ausbildung zum Fachpraktiker im Verkauf. Die Ausbildung als Fachpraktiker ist in der Theorie reduziert und hat ihren Schwerpunkt in der Praxis, schließt aber auch mit einer Kammerprüfung ab. Während der gesamten Vorbereitung und Ausbildung wurde Andre von seinen Eltern, der Agentur für Arbeit, dem Berufsbildungszentrums der IHK (bbz) und dem Integrationsfachdienst begleitet und unterstützt. Michael Gerlach, Dozent im bbz Siegen, war für den zusätzlichen Stützunterricht verantwortlich. „Während der Ausbildung hat er die klassische Berufsschulklasse der Verkäufer am Berufskolleg Wittgenstein besucht. Das ist schon eine besondere Herausforderung, denn er war der erste, der nach diesem Konzept in dem Berufskolleg beschult wurde. Dann kam noch die Pandemie hinzu und der Unterricht fand nur noch zuhause statt. Aber auch das haben wir gemeinsam gemeistert. Andre kann sehr stolz auf sich sein“, so Gerlach.

Im Juli hat Andre seine Ausbildung erfolgreich – sogar mit insgesamt gut -abgeschlossen und wurde von seinem Arbeitgeber übernommen.

„Jeder hat eine Chance verdient. Und Andre hat seine besonders genutzt. Die Ausbildung hier und der Kontakt zu Menschen hat ihn selbstbewusst gemacht. Er macht seine Arbeit sehr gut und ich vertraue ihm“, freut sich sein Chef Jürgen Karl Helwig.

Anderen empfehlen

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein