Samstag, 25. Januar 2025

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Gemein­sam die Chan­ce beim Schopf packen

Als Ole­na Pash­kovs­ka im August 2022 mit ihrem Ehe­mann und den drei Kin­dern die Ukrai­ne ver­lässt und nach Deutsch­land flüch­tet, ist die Situa­ti­on für alle zunächst schwer. Doch die Fami­lie rich­tet schnell den Blick nach vorn und Pash­kovs­ka erfragt bei den zustän­di­gen Behör­den die Mög­lich­keit der Teil­nah­me an einem Sprach­kurs. Denn Spra­che ver­bin­det, dass spürt sie im All­tag immer dann schmerz­lich, wenn sie nur wenig ver­steht und sich in mit­ten von Men­schen iso­liert fühlt. Außer­dem schafft der rasche Sprach­er­werb gute Vor­aus­set­zun­gen, um schnell Arbeit zu fin­den.

Und sie möch­te ihren Mann unter­stüt­zen und die Exis­tenz der Fami­lie in Deutsch­land sichern.

In der Ukrai­ne hat­te sie als Eng­lisch­leh­re­rin gear­bei­tet. Eine Aner­ken­nung ihrer Stu­di­en­leis­tun­gen und ihres Diploms in Deutsch­land dau­ern noch an. Der­weil wen­det sie sich an das Job­cen­ter Olpe und erbit­tet Unter­stüt­zung bei der Auf­nah­me einer Beschäf­ti­gung als Pro­duk­ti­ons­hel­fe­rin in der Metall­bran­che. Sie weiß, dass der regio­na­le Arbeits­markt hier gute Auf­nah­me­mög­lich­kei­ten bie­tet. Ihr Mann hat inzwi­schen Arbeit als Kon­struk­teur gefun­den und pen­delt hier­für, Brü­cken­leid erprobt, jeden Tag von Olpe nach Dort­mund.

Natal­ja Dorn, Mit­ar­bei­te­rin im gemein­sa­men Arbeit­ge­ber­ser­vice der Agen­tur für Arbeit Olpe und des Job­cen­ters Kreis Olpe, hat­te im Erst­kon­takt mit ihrer Kun­din gleich eine Idee: Die Bäcke­rei San­ger­mann, ein in fünf­ter Gene­ra­ti­on geführ­ter hand­werk­li­cher Fami­li­en­be­trieb mit sie­ben Filia­len, sucht für die Kom­mis­sio­nie­rung der Back­wa­ren zuver­läs­si­ge Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­ter. Die moti­vier­te Kun­din reagiert offen und freut sich zudem über die Tat­sa­che, dass die Pro­duk­ti­ons­stät­te in Ober­vei­sche­de ohne Auto zu errei­chen ist. Einen Anruf spä­ter hält Ole­na Pash­kovs­ka die Tele­fon­num­mer des Arbeit­ge­bers in der Hand und wird ein­ge­la­den sich zu mel­den. Gleich für den kom­men­den Tag wird ein gegen­sei­ti­ges Ken­nen­ler­nen in den Räum­lich­kei­ten der Bäcke­rei ver­ein­bart. Was dann folgt ver­läuft wie im Zeit­raf­fer: Noch am sel­ben Tag mel­det Georg San­ger­mann der zustän­di­gen Mit­ar­bei­te­rin im Job­cen­ter Olpe zurück, Frau Pash­kovs­ka sofort ein­stel­len zu wol­len. Er freut sich, mit ihr augen­schein­lich eine zuver­läs­si­ge, team­fä­hi­ge und flei­ßi­ge Mit­ar­bei­te­rin gewon­nen zu haben. Georg San­ger­mann, selbst Bäcker­meis­ter und Geschäfts­füh­rer der Bäcke­rei San­ger­mann, fasst sei­nen ers­ten Ein­druck von der neu­en Mit­ar­bei­te­rin rück­bli­ckend so zusam­men: „Sie woll­te unbe­dingt arbei­ten, das ist lobens­wert. Das hat mich beein­druckt. Sie hat sich gleich zu Beginn enga­giert prä­sen­tiert. Auch sprach­lich hat sie sich bereits wei­ter­ent­wi­ckelt und wird immer bes­ser, auch durch den direk­ten Kon­takt und im Aus­tausch mit den Kol­le­gen. Ich hat­te wirk­lich Mühe, die Stel­le zu beset­zen. Mit Frau Pash­kovs­ka wur­de mir eine fähi­ge Mit­ar­bei­te­rin vor­ge­stellt mit der ich voll­auf zufrie­den bin.“

Nun schnei­det sie Brot und kom­mis­sio­niert Bröt­chen und Back­wa­ren, die dann in eine der Filia­len oder an Kran­ken­häu­ser, Senio­ren­re­si­den­zen, Hotels und Unter­neh­men aus­ge­lie­fert wer­den. Ange­spro­chen auf die Arbeits­zei­ten – ihre Schicht beginnt um 2 Uhr in der Nacht und endet zwi­schen 8 und 9 Uhr mor­gens – ent­geg­net Pash­kovs­ka mit einem Augen­zwin­kern: „Wer nachts arbei­tet darf dafür auch bis mit­tags schla­fen.“ Zur nor­ma­len Arbeits­zeit, mit­ten in der Nacht, gehö­ren dabei auch Sams­ta­ge und Sonn­ta­ge. Kein Pro­blem für die moti­vier­te Ukrai­ne­rin.

Gleich nach der Unter­schrift unter dem Arbeits­ver­trag ruft sie ihre Bera­te­rin Frau Dorn an und freut sich: „Ich gehe nicht, ich flie­ge.“ Ihre Trä­nen der Ankunfts­zeit in Deutsch­land sind getrock­net, wie sie sagt. Sie hat nach eige­nen Anga­ben viel Unter­stüt­zung und Respekt erfah­ren und bedankt sich immer wie­der dafür. Ole­na Pash­kovs­ka ist ange­kom­men. In Deutsch­land, in Olpe und auf dem regio­na­len Arbeits­markt. Sie hat ihre Chan­ce ergrif­fen und sich Per­spek­ti­ve geschaf­fen.

Mit dem „Job-Tur­bo“ hat das Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Arbeit und Sozia­les gemein­sam mit der Bun­des­agen­tur für Arbeit Unter­stüt­zungs­an­ge­bo­te zusam­men­ge­fasst, die Geflüch­te­ten aus der Ukrai­ne und aus den Top ach­t¹ Asyl­her­kunfts­län­dern, zu einer schnel­len und nach­hal­ti­gen Inte­gra­ti­on in Arbeit in Deutsch­land ver­hel­fen sol­len. Gemein­sam wer­den Wege in Arbeit auf­ge­zeigt, Arbeit­ge­be­rin­nen und Arbeit­ge­ber bei der Auf­nah­me unter­stützt, immer indiv­di­du­ell, je nach Bedarf und so auch gleich offe­ne Fach­kraft­stel­len besetzt. Ein Win für alle Betei­lig­ten.

¹ Mit einer der fol­gen­den Staats­an­ge­hö­rig­keit: Afgha­ni­stan, Eri­trea, Iran, Irak, Nige­ria, Paki­stan, Soma­lia, Syri­en

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