Die Corona-Krise bestimmt unser derzeitiges Leben: Besuchs- und Einkaufsmöglichkeiten werden eingeschränkt, Konzerte abgesagt, Hotels und Restaurants geschlossen, sogar Ausgangssperren verhängt. Doch welche dieser Maßnahmen führen tatsächlich zu einer Eindämmung der Pandemie? Und welche sind überflüssig? – Antworten hierauf gibt die Computersimulation „Politiklabor“, die jetzt auf der Homepage des Attendorner St.-Ursula-Gymnasiums zu finden ist.
In dem Programm bewegen sich auf einem Simulationsfeld viele kleine computergenerierte „Agenten“, die mit verschiedenen menschlichen Eigenschaften ausgestattet sind und aus deren Verhalten man Rückschlüsse auf bestehende, reale Gesellschaften ziehen kann. Wie sich die Agenten verhalten, hängt von den Stellschrauben ab, an denen man in dem Programm drehen kann. Die Software bietet mehr als sechzig davon.
Das Politiklabor-Szenario zeigt eine typische europäische Stadt mit den üblichen Aufenthaltsmöglichkeiten – Arbeits- und Freizeitstätten, Supermärkten, Schulen sowie Wohnvierteln. Die Bewohner der Stadt führen ein ganz normales Leben, das einem einfachen kalendarischen Rhythmus folgt. Morgens gehen die Erwachsenen zur Arbeit in ihre Büros und Fabriken, die Kinder begeben sich in die Schule und nachmittags zum Sport. In den Einkaufszentren nimmt der Betrieb in den Nachmittagsstunden ebenfalls stark zu. Am Wochenende werden die Geschäfte in größerem Umfang frequentiert; zudem trifft man sich hier in Freizeiteinrichtungen und auf Großveranstaltungen.
Für ein hoch ansteckendes Virus wie das vom Typ Covid-19 sind dies ideale Ausbreitungsbedingungen. So lässt sich dann auch auf dem Bildschirm gut beobachten, wie sich nach und nach ein großer Prozentsatz der Menschen infiziert und teilweise schwer erkrankt oder gar verstirbt. Die Krankenhauskapazität der Stadt ist begrenzt, so dass die Sterbefälle mit dem Überschreiten der Kapazitätsgrenze zunehmen. Das Virus verschwindet nach einer gewissen Zeit zwar auch ohne ein Eingreifen, und die überlebenden Stadtbewohner haben eine Immunität entwickelt; es sind dann jedoch viele Verstorbene zu beklagen.
Um Letzteres zu verhindern, kann in die beobachtete Entwicklung eingegriffen werden. Infizierte können in häusliche Quarantäne geschickt werden. Eine Warn-App bietet die Möglichkeit, sich rechtzeitig über kritische Kontakte zu informieren. Auch in Früherkennungstests oder die Bettenkapazität der Krankenhäuser lässt sich investieren. Sicherheitshalber können Betriebe, Freizeiteinrichtungen und Schulen teilweise oder ganz geschlossen bleiben.
Alle getroffenen Maßnahmen haben einen Einfluss auf die Anzahl der schweren Fälle und der Verstorbenen sowie auf die Länge und den Verlauf der Epidemie. Das Entscheidende ist hierbei, dass sich sämtliche Maßnahmen in ihren Auswirkungen unmittelbar am Bildschirm ablesen und deshalb gegebenenfalls sogar noch während der laufenden Simulation korrigieren lassen. Insofern bietet das Politiklabor ein effizientes gesundheitspolitisches Experimentalfeld zur (virtuellen) Bekämpfung von Seuchen wie der Covid-19-Pandemie.
Ursprünglich konzipiert wurde die Software von einem Team des Lehrstuhls für Innovationsökonomik der Universität Hohenheim. Frank Kugelmeier, Sozialwissenschaften-Lehrer am St.-Ursula-Gymnasium, hat sie für den Unterricht nun um zahlreiche zusätzliche Funktionen erweitert. „Einige Szenarien sind schon sehr beunruhigend“, bilanziert er. „Besonders wenn wir annehmen, dass sich genesene Patienten erneut anstecken können, erreichen wir, wenn nicht eingegriffen wird, schnell apokalyptische Zustände. Zum Glück gibt es aber genügend gesundheitspolitische Instrumente, um dem vorzubeugen.“
Ab sofort ist die Software auf der Homepage der Schule in unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden aufrufbar unter sowi.st-ursula-attendorn.de oder per Suchmaschine unter dem Suchbegriff „Politiklabor Attendorn“. Ein umfangreiches Online-Handbuch führt in die Bedienung des Programms ein.