Samstag, 25. Januar 2025

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Fäl­le von Häus­li­cher Gewalt im Jahr 2022 deut­lich gestie­gen

„Auch wenn die­se For­men der Gewalt sich in engen per­sön­li­chen Bezie­hun­gen und im sozia­len Nah­raum ereig­nen, sind sie kei­ne pri­va­te Ange­le­gen­heit. Sie wir­ken sich auf uns alle aus.“ Mit die­sen Wor­ten eröff­ne­te Sabi­ne Nosia­dek das jähr­li­che Pres­se­ge­spräch des „Netz­werks gegen Häus­li­che Gewalt im Kreis Olpe“, das in die­ser Woche im Olper Kreis­haus statt­fand.

Sie ist seit einem Jahr Gleich­stel­lungs­be­auf­trag­te des Krei­ses Olpe und Koor­di­na­to­rin des Netz­werks, das 2002 gegrün­det wur­de und dem unter ande­rem Frau­en­be­ra­tungs­stel­le und Frau­en­haus sowie die Gleich­stel­lungs­be­auf­trag­ten aller Kom­mu­nen und des Krei­ses, Poli­zei, Jugend­amt, der Opfer­schutz­be­auf­trag­te der Poli­zei, der Weis­se Ring, der Kin­der­schutz­bund, Schwan­ger­schafts­kon­flikt-Bera­tungs­stel­len, das Mut­ter-Kind-Haus, The­ra­peu­ten, eine Rechts­an­wäl­tin, die Staats­an­walt­schaft, unter­schied­li­che Bera­tungs­stel­len mit dem Schwer­punkt Frau­en, Kin­der, Fami­lie, aber auch Män­ner, sowie sozia­le Diens­te aus dem Bereich ange­hö­ren.

In dem Pres­se­ge­spräch berich­te­ten neben Sabi­ne Nosia­dek Anet­te Pfei­fer von der Frau­en­be­ra­tungs­stel­le des Ver­eins „Frau­en hel­fen Frau­en“ in Olpe, Syl­via Rath vom Frau­en­haus Olpe, Micha­el Kop­san, Opfer­schutz­be­auf­trag­ter der Kreis­po­li­zei­be­hör­de Olpe, sowie Micha­el Mei­nerz­ha­gen, zustän­dig für die Kri­mi­nal­prä­ven­ti­on und stellv. Opfer­schutz­be­auf­trag­ter der Kreis­po­li­zei­be­hör­de, über Zah­len, Daten und Fak­ten die­ses sen­si­blen The­men­felds.

Häus­li­che Gewalt zeigt sich nicht allein in kör­per­li­chen und sexu­el­len Über­grif­fen. Belei­di­gun­gen, Jäh­zorn, Beschä­di­gung von Eigen­tum oder das Andro­hen, Kin­der, Haus­tie­re, Freun­de oder Ver­wand­te zu ver­let­zen, zäh­len eben­so dazu wie das Unter­bin­den von Kon­tak­ten zu Freun­den, finan­zi­el­le Ein­schrän­kun­gen oder „Haus­ar­rest“.

Sta­tis­tik der Poli­zei:

Hin­ter den nüch­ter­nen Zah­len ste­cken vie­le per­sön­li­che Schick­sa­le. Micha­el Kop­san erläu­ter­te, dass die Poli­zei im Kreis Olpe im ver­gan­ge­nen Jahr 291 Straf­an­zei­gen wegen Häus­li­cher Gewalt auf­ge­nom­men habe. Im Ver­gleich zum Vor­jahr (226 Fäl­le) sei dies ein „gewal­ti­ger Anstieg“ von annä­hernd 29 Pro­zent, beton­te Kop­san. Zudem ist er über­zeugt, dass es „ganz sicher eine sehr hohe Dun­kel­zif­fer gibt“.

Bei Häus­li­cher Gewalt sind die Opfer über­wie­gend weib­lich. Im ver­gan­ge­nen Jahr wur­den von der Poli­zei 208 weib­li­che Opfer gezählt, aber auch 106 männ­li­che. Bis vor weni­gen Jah­ren tauch­ten männ­li­che Leid­tra­gen­de von Häus­li­cher Gewalt nur sehr sel­ten auf.

In der Opfer­sta­tis­tik der Poli­zei sind 28 Kin­der, 29 Jugend­li­che, 21 Her­an­wach­sen­de, 221 Erwach­se­ne sowie 15 Senio­ren auf­ge­lis­tet. Als Täter wer­den hier vier Kin­der, 15 Jugend­li­che, 22 Her­an­wach­sen­de, 243 Erwach­se­ne und acht Senio­ren geführt.

Das Poli­zei­ge­setz NRW ermög­licht der Poli­zei, gegen Tat­ver­däch­ti­ge ein zehn­tä­gi­ges Rück­kehr­ver­bot in die gemein­sa­me Woh­nung aus­zu­spre­chen. Davon mach­te die Kreis­po­li­zei­be­hör­de im ver­gan­ge­nen Jahr 124-mal Gebrauch (Vor­jahr 109). „Wer schlägt, der geht“, fass­te Micha­el Kop­san die Rege­lung in ein grif­fi­ges Zitat zusam­men. In die­sen zehn Tagen sol­len Opfer Zeit haben, sich Rat zu holen oder bei Gericht ein Annä­he­rungs­ver­bot zu bean­tra­gen.

Kop­san mach­te fer­ner dar­auf auf­merk­sam, dass Häus­li­che Gewalt kei­nen eige­nen Straf­tat­be­stand dar­stel­le, sehr wohl aber die unter die­sem Begriff began­ge­nen Taten wie psy­chi­sche, phy­si­sche und sexu­el­le Gewalt. In allen Fäl­len wer­de von Amts wegen ermit­telt.

Bera­tun­gen beim Ver­ein „Frau­en hel­fen Frau­en“:

Die Poli­zei gab von 31 betrof­fe­nen Frau­en die Kon­takt­da­ten an die Bera­tungs­stel­le des Ver­eins „Frau­en hel­fen Frau­en“ wei­ter, 23 Frau­en nah­men das Ange­bot einer per­sön­li­chen Bera­tung dort an.

Ins­ge­samt führ­te die Frau­en­be­ra­tungs­stel­le im ver­gan­ge­nen Jahr 1.512 Ein­zel­be­ra­tun­gen sowie 321 Bera­tun­gen mit digi­ta­len Medi­en durch. Der Bedarf an Bera­tung, Unter­stüt­zung und the­ra­peu­ti­scher Beglei­tung durch die Frau­en­be­ra­tungs­stel­le Olpe sei also nach wie vor sehr hoch, beton­te Anet­te Pfei­fer.

Die rat­su­chen­den Mäd­chen und Frau­en kämen aus allen sozia­len Schich­ten sowie aus allen Gebie­ten des Krei­ses Olpe. Das Alter der Mäd­chen und Frau­en in den Bera­tungs­ge­sprä­chen:

  • 14 bis 17 Jah­re: 1 Pro­zent;
  • 18 bis 25 Jah­re: 9 Pro­zent;
  • 26 bis 40 Jah­re: 28 Pro­zent;
  • 41 bis 50 Jah­re: 24 Pro­zent;
  • 51 bis 60 Jah­re: 15 Pro­zent;
  • über 60 Jah­re: 17 Pro­zent;
  • 6 Pro­zent mach­ten kei­ne Anga­be.

82?Prozent der Mäd­chen und Frau­en, die die Bera­tung anneh­men, besit­zen die deut­sche Staats­an­ge­hö­rig­keit (davon 13?Prozent mit Zuwan­de­rungs­ge­schich­te).

89 Pro­zent der bera­te­nen Mäd­chen und Frau­en sind von phy­si­scher, psy­chi­scher oder sexua­li­sier­ter Gewalt betrof­fen. 71 Pro­zent ent­fal­len auf phy­si­sche und psy­chi­sche Gewalt, 18 Pro­zent auf sexu­el­le Gewalt und 2 Pro­zent auch auf digi­ta­le Gewalt. Die Täter waren zu 91 Pro­zent männ­lich, bei 5 Pro­zent gab es auch Täte­rin­nen und bei 4 Pro­zent eine Täte­rin­nen­grup­pe (Dop­pel­nen­nun­gen mög­lich).

Die sexua­li­sier­te Gewalt wie Ver­ge­wal­ti­gung, sexu­el­le Nöti­gung, aktu­el­ler und zurück­lie­gen­der Miss­brauch, Fol­ter oder sexu­el­le Beläs­ti­gung wur­de haupt­säch­lich (84 Pro­zent) von Lebens­ge­fähr­ten, Ehe­män­nern, Ex-Part­nern und Ver­wand­ten ver­übt. Bei 7?Prozent gab es auch Fremd­tä­ter, bei 15 Pro­zent Bekann­te und pro­fes­sio­nel­le Hel­fer. Oft­mals, führ­te Anet­te Pfei­fer fer­ner aus, sei in den Gesprä­chen eine umfas­sen­de Gewalt­pro­ble­ma­tik deut­lich gewor­den – auch öko­no­mi­sche und sozia­le Gewalt – also die Kon­trol­le über alles. Dadurch wer­de es für Betrof­fe­ne beson­ders schwer, einen Aus­weg zu fin­den, vor allem dann, wenn die­se bereits in der Kind­heit Opfer von Miss­hand­lung und/oder sexu­el­lem Miss­brauch gewor­den sei­en.

Anet­te Pfei­fer berich­te­te außer­dem von den zahl­rei­chen Ange­bo­ten und Ver­an­stal­tun­gen der Frau­en­be­ra­tungs­stel­le. Seit Mai 2022 ver­stärkt Lea Ebbing­haus als neue jun­ge Mit­ar­bei­te­rin die Prä­ven­ti­ons­ar­beit.

Mehr Infor­ma­tio­nen: Frau­en­be­ra­tungs­stel­le Olpe, Fried­rich­stra­ße 24, 57462 Olpe, Tel. (02761) 1722, Fax (02761) 1722, E‑Mail info@frauenberatungsstelle-olpe.de, Home­page www.frauenhelfenfrauen-olpe.de.

Bele­gung des Frau­en­hau­ses:

Im Rah­men des Pres­se­ge­sprächs zur Häus­li­chen Gewalt im Kreis Olpe stell­te Syl­via Rath Zah­len zur Bele­gung des Frau­en­hau­ses Olpe vor. Allein im ver­gan­ge­nen Jahr wur­den hier 39 Frau­en (Vor­jahr 43) und 43 Kin­der (37) auf­ge­nom­men.

Das Alter der 2022 auf­ge­nom­me­nen Frau­en teilt sich wie folgt auf:

  • bis 18 Jah­re: 0?Prozent;
  • 19 bis 25 Jah­re: 20 Pro­zent;
  • 26 bis 40 Jah­re: 62 Pro­zent;
  • 41 bis 60 Jah­re: 18 Pro­zent.

Die Kin­der waren zu 58 Pro­zent unter fünf Jah­re alt, zu 40?Prozent zwi­schen sechs und 14 Jah­re und zu 2 Pro­zent über 14 Jah­re. Auf­nah­me­grün­de waren Miss­hand­lung von den Ehe­män­nern (69?Prozent), Miss­hand­lung durch Part­ner (18 Pro­zent), Miss­hand­lung durch „sons­ti­ge Per­so­nen“ 13 Pro­zent, von Zwangs­hei­rat bedroht (0 Pro­zent).

Die Auf­ge­nom­me­nen stamm­ten zu 13?Prozent aus dem Kreis Olpe, zu 23?Prozent aus dem Kreis Sie­gen-Witt­gen­stein und zu 64 Pro­zent aus ande­ren Krei­sen. 55?Prozent der Frau­en und Kin­der waren nicht­deut­scher Her­kunft.

Die Auf­ent­halts­dau­er der Frau­en und Kin­der wird von Jahr zu Jahr län­ger:

  • bis zu sie­ben Tage: 43?Prozent;
  • bis zu einem Monat: 27 Pro­zent;
  • bis zu drei Mona­ten: 12?Prozent;
  • bis zu sechs Mona­ten: 6?Prozent;
  • bis zu einem Jahr: 9?Prozent;
  • län­ger als ein Jahr: 3 Pro­zent.

Dies­be­züg­lich beton­te Syl­via Rath, dass der Man­gel an bezahl­ba­rem Wohn­raum erheb­li­che Aus­wir­kun­gen auf das Frau­en­haus habe. Des­halb ver­län­ge­re sich die Auf­ent­halts­dau­er erheb­lich, teil­wei­se bis weit über ein Jahr hin­aus, was an und für sich im Wider­spruch zu einer Not­un­ter­kunft ste­he. Wegen Über­be­le­gung muss­ten vie­le Auf­nah­me­an­fra­gen abge­lehnt wer­den.

Bun­des­wei­tes Hil­fe­te­le­fon

In dem Pres­se­ge­spräch wies Sabi­ne Nosia­dek fer­ner auf das bun­des­wei­te Hil­fe­te­le­fon „Gewalt gegen Frau­en“ (www.hilfetelefon.de) hin. Das ist rund um die Uhr unter Tel. 0800 / 0116016 kos­ten­frei erreich­bar. Bei Bedarf wer­den Dol­met­sche­rin­nen in 17 Spra­chen zum Gespräch hin­zu­ge­schal­tet.

Für Män­ner gibt es in Olpe seit eini­gen Jah­ren auch ein spe­zi­el­les Bera­tungs­an­ge­bot, das Dani­el Schul­te vom Katho­li­schen Sozi­al­dienst an der Müh­len­stra­ße anbie­tet.

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