Sonntag, 26. Januar 2025

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Coro­na-Zah­len

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Kreis­di­rek­tor Theo Mel­cher, der Lei­ter des Kri­sen­sta­bes, nimmt Stel­lung zu den Coro­na­zah­len (Foto: Kreis Olpe)

In der aktu­el­len Pha­se der Coro­na-Epi­de­mie fällt der Kreis Olpe wegen der vie­len bestä­tig­ten Fäl­le im Ver­gleich zu den Krei­sen Nord­rhein-West­fa­lens aus dem Rah­men. Das wirft Fra­gen auf, über die Aus­sa­ge­kraft der gemel­de­ten Zah­len und deren Ver­gleich­bar­keit. Kreis­di­rek­tor Theo Mel­cher, der Lei­ter des Kri­sen­sta­bes nimmt dazu Stel­lung.

Wie erklä­ren Sie sich die hohen Coro­na­zah­len im Kreis Olpe?

Mel­cher: Ob wir „hohe“ Coro­na­zah­len haben, weiß ich ehr­lich gesagt nicht. Das Attri­but „hoch“ setzt ja einen Ver­gleich vor­aus mit ande­ren. Es gibt die­sen Ver­gleich zwar, jedoch nur bezo­gen auf die „gemel­de­ten posi­ti­ven Fäl­le“, d.h. sol­che Per­so­nen, bei denen durch die Tes­tun­gen das Coro­na­vi­rus nach­ge­wie­sen wer­den konn­te. Doch die­ser Ver­gleich hinkt. Denn die Zahl der posi­ti­ven Fäl­le COVID-19 ist abhän­gig von der Zahl der ins­ge­samt durch­ge­führ­ten Tes­tun­gen, was je Kreis deut­lich unter­schied­lich sein kann und nach hie­si­gen Erkennt­nis­sen auch ist. Zu berück­sich­ti­gen ist dabei das Ver­hält­nis der Tes­tun­gen zur Ein­woh­ner­zahl der Krei­se. Wer als Kreis mit 300.000 Ein­woh­nern 1.500 Tes­tun­gen durch­ge­führt hat, hat im Ver­hält­nis zur Ein­woh­ner­zahl mit an Sicher­heit gren­zen­der Wahr­schein­lich­keit deut­li­cher weni­ger „posi­ti­ve Fäl­le“ als ein Kreis mit 150.000 Ein­woh­nern, der eben­falls 1.500 Tes­tun­gen hat­te. Lei­der wei­sen weder die Lage­be­rich­te der Bezirks­re­gie­rung noch des Lan­des die tat­säch­lich in bzw. von den Krei­sen durch­ge­führ­ten Tes­tun­gen auf.

Also füh­ren Sie die Zah­len auch auf ande­res zurück?

Mel­cher: Das schlie­ße ich nicht aus. Ich ver­mu­te, die „hohen Coro­na­zah­len“ sind in ers­ter Linie dar­auf zurück­zu­füh­ren, dass der Kreis Olpe mehr getes­tet hat und tes­tet. Er ist jeden­falls einer der weni­gen Krei­se, der die Gesamt­zahl aller durch­ge­führ­ten Tes­tun­gen (bis auf die nicht zu mel­den­den Ergeb­nis­se der Nega­tiv­tes­tun­gen durch Haus­ärz­te und Kran­ken­häu­ser) trans­pa­rent macht und regel­mä­ßig ver­öf­fent­licht.   Die Zahl der durch das Gesund­heits­amt ange­ord­ne­ten Tes­tun­gen beträgt aktu­ell über 6.100. Das ist die Zahl der getes­te­ten Per­so­nen. Der Kreis Olpe ist damit aller Wahr­schein­lich­keit nach kein „Fall-Hot­spot“, son­dern ein „Test-Hot­spot“. Aktu­ell weist der Kreis Olpe ins­ge­samt 510 Per­so­nen als ein­mal infi­ziert auf. Davon sind 364 wie­der gene­sen. Im Übri­gen waren rund 50 Pro­zent der posi­tiv Getes­te­ten Per­so­nen, die kei­ne Sym­pto­me auf­wie­sen und daher gemäß den RKI-Emp­feh­lun­gen eigent­lich nicht zu tes­ten gewe­sen wären. Wir haben uns jedoch dazu ent­schlos­sen, auch bei feh­len­der Sym­pto­ma­tik vor­sorg­lich in zahl­rei­chen Pfle­ge­ein­rich­tun­gen im Kreis­ge­biet zu tes­ten, um dort früh­zei­tig Schutz­maß­nah­men für die beson­ders gefähr­de­te Risi­ko­grup­pe der älte­ren Pfle­ge­be­dürf­ti­gen ergrei­fen zu kön­nen. Mit ande­ren Wor­ten: Hät­ten wir die­se prä­ven­ti­ven Rei­hen­un­ter­su­chun­gen nicht durch­ge­führt, hät­ten wir ver­mut­lich „nur“ rund 380 posi­ti­ve Fäl­le. Durch die pro­gres­si­ve Her­an­ge­hens­wei­se (vie­le Tes­tun­gen) im Kreis Olpe konn­ten also COVID-19-Infek­tio­nen schnel­ler auf­ge­deckt und Infek­ti­ons­ket­ten früh­zei­ti­ger durch­bro­chen wer­den. Hät­ten wir weni­ger getes­tet, wären also vie­le Infi­zier­te gar nicht ent­deckt wor­den.

Also ist die Gesamt­zahl der posi­ti­ven Tes­tun­gen gar nicht aus­sa­ge­kräf­tig?

Mel­cher: Rich­tig! Neh­men wir ein­mal an, wir hät­ten 1.000 Tests durch­ge­führt und dabei 20 Pro­zent als Infi­zier­te ent­deckt. Dann hät­ten wir 200 posi­ti­ve Fäl­le zu mel­den gehabt. Die­se 200 Fäl­le gin­gen dann in die Sta­tis­tik ein. Nun neh­men wir ein­mal an, wir machen 10.000 Tests und ent­de­cken 1.000 Infi­zier­te. Dann mel­den wir eine Fall­zahl­stei­ge­rung von 200 auf 1.000 und es wird ein Hot­spot aus­ge­macht. Tat­säch­lich haben wir dann aber statt 20 Pro­zent nur zehn Pro­zent Infi­zier­te. Das Bei­spiel zeigt ein wei­te­res Mal, dass Zah­len allein nicht aus­sa­ge­kräf­tig sind.

Was schla­gen Sie vor?

Mel­cher: Es gibt wich­ti­ge­re Zah­len als die der infi­zier­ten Per­so­nen, jeden­falls aus gesund­heits­po­li­ti­scher Sicht. Wir wer­den dem­nächst wis­sen, ob durch COVID-19 eine signi­fi­kant höhe­re Sterb­lich­keit ein­ge­tre­ten ist oder nicht. Aktu­ell – und damit mei­ne ich den 24. April – haben wir im Ver­gleich mit den Ver­gleichs­zeit­räu­men der Vor­jah­re kei­ne Auf­fäl­lig­keit und ich hof­fe, das bleibt so. Und auch die inten­siv­me­di­zi­ni­sche Ver­sor­gung ist, wenn auch bei hoher Belas­tung der Kli­ni­ken und des dor­ti­gen Per­so­nals, und trotz der ver­meint­lich „hohen“ Zahl von Infi­zier­ten, aktu­ell defi­ni­tiv sicher­ge­stellt. Wir haben in den Kran­ken­häu­sern noch Kapa­zi­tä­ten von Inten­siv­bet­ten und Beatmungs­ge­rä­ten, die wir hof­fent­lich nie bele­gen müs­sen. 

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