„Wir sehen einen Silberstreifen am Horizont. Wenn alles weiter gut geht, dann können wir am Dienstag, den 5. Mai 2020, das Südsauerland wieder für Sie öffnen.“ meint Monika Löcken, Leiterin des Südsauerlandmuseum Attendorn.

Hier wartet unter anderem eine neue Wechselausstellung mit dem Titel „Aufbruch ins 19. Jahrhundert“ auf Sie.

Ds Museum präsentiert Gemälde und Drucke aus der Sammlung der Eheleute Meinolf und Marlies Wulff, Lennestadt-Altenhundem, die aus der Epoche des Symbolismus stammen.

Die Wurzeln dieser Kunstströmung können in den gesellschaftlichen Umwälzungen und historischen Ereignissen des 19. Jahrhunderts gefunden werden, zu nennen sind u.a. die gesellschaftlichen und sozialen Veränderungen, die Industrialisierung und der technische und wissenschaftliche Fortschritt. Herkömmlichen Religion und Moralvorstellungen gerieten ins Wanken. Zusammen mit der Aufbruchsstimmung der Fin-de-Siècle-Kultur begaben sich die Künstler auf die Suche nach neuen Entfaltungsmöglichkeiten. Um 1900 fanden sie sie im Symbolismus und im Jugendstil.

Clemens Vaccano- Frühlingslust -O?l auf Karton 1918 Stiftung Sammlung Wulff Lennestadt
Clemens Vaccano (1882-1938)
Frühlingslust
Öl auf Karton, 1918
Stiftung Sammlung Wulff Lennestadt, Inv. Nr. 0782

Kunst, Musik und Literatur wiesen  bedeutende Namen auf und Wissenschaft und Technik, Universitäten und Schulen genossen hohes Ansehen. Der Ausbau der Industrie, der Verkehrs- und Kommunikationswege war im vollen Gange und die Elektrifizierung wurde großräumig angestoßen. Mit Übersee-Export und Ozeanschifffahrt, Kolonien und Flotte wähnten sich Volk, Regierung und Monarch in den Kreis der Weltmächte aufgestiegen.

Hinter der glanzvollen Fassade verbargen sich jedoch die ungelösten Gegensätze der jungen Industriegesellschaft. Industriearbeiter und die einfache Landbevölkerung mussten um die Existenz ringen und besonders auf dem Land waren die Menschen noch in den alten religiösen und moralischen  Vorstellungen verhaftet. Die Ausstellung präsentiert 39 Gemälde aus der Sammlung Wulff und stellt ihnen Fotos und Gegenstände aus der Alltagswelt unserer Region gegenüber.

Das in hellen Farben gehaltene Bild zeigt ein beschwingt über eine Frühlingswiese schreitendes, nahezu unbekleidetes, eng umschlungenes Paar, angeführt von einem kleinen musizierenden Knaben. Das Heitere und Unbeschwerte der Darstellung lassen fast vergessen, dass das Bild während des Ersten Weltkriegs entstand. Der als Architekt, Maler und Grafiker tätige Clemens Vaccano studierte an der Technischen Universität München Tief- und Brückenbau. Danach wirkte er als Stadtbaurat und Stadtbaumeister in Halle an der Saale, wo er u. a. für den Bau der 1927/28 errichteten Giebichensteinbrücke mit verantwortlich war. Vaccano schuf zahlreiche Aquarelle von Halle und Umgebung und war in Halle Mitglied im Künstlerverein „Auf dem Pflug“.

Paul Rieth- Zwei Mädchen auf dem Fahrrad Entwurf fu?r ein Titelbild der Zeitschrift Jugend- 1899-Stiftung Sammlung Wulff Lennestadt
Paul Rieth (1871-1925)
Zwei Mädchen auf dem Fahrrad
Entwurf für ein Titelbild der Zeitschrift „Jugend“, 1899
Stiftung Sammlung Wulff Lennestadt, Inv. Nr. 0990

Die beiden jungen Frauen auf dem Tandem verkörpern das neue Lebensgefühl der Jugend um 1900. Modisch gekleidet präsentieren sie sich dem Betrachter in heiterer Sommerstimmung. Die beiden Radfahrerinnen stehen auch für die sich emanzipierende Frau und ihren Anspruch auf sportliche Betätigung, die von konservativen Kreisen als unschicklich und unnatürlich abgelehnt wurde. Die „Jugend“ war um 1900 eine der wichtigsten deutschen Zeitschriften für Kunst und Literatur. Für ihre künstlerische Gestaltung waren zahlreiche Künstler tätig, darunter der Maler und Zeichner Paul Rieth, der Hauptmitarbeiter der Zeitschrift war. Sein Entwurf  der beiden Mädchen auf dem Fahrrad zierte den Titel der Wochenausgabe vom 22. Juli 1899.

Anderen empfehlen

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein