Der Fall des vermutlich jahrelang in Attendorn versteckten Mädchens ruft auch beim Kreis Olpe große Betroffenheit hervor.

Fest steht, dass das Jugendamt des Kreises Olpe mit Unterstützung der Kreispolizeibehörde Olpe das Mädchen am 23. September dieses Jahres in dem Haus der Großeltern mütterlicherseits gefunden und es nach ärztlichen Untersuchungen umgehend in die Obhut einer Pflegefamilie gebracht hat. Ersten Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Siegen zufolge konnte das heute achtjährige Mädchen das Haus in Attendorn nicht verlassen, seitdem sie rund eineinhalb Jahre alt war. Hinweise auf eine körperliche Misshandlung oder Mangelernährung liegen nicht vor, das Kind steht weiter in ärztlicher Behandlung, speziell natürlich hinsichtlich psychischer Folgen.

Laut einer Registereintragung des Einwohnermeldeamts sind die Kindesmutter und das Kind im Juni 2015 nach Kalabrien in Italien umgezogen, seither ist dem Vater ein Kontakt nicht mehr ermöglicht worden. Die Beziehung zu dem leiblichen Vater bestand schon vor der Geburt des gemeinsamen Kindes offenbar nicht mehr.

Anonymen Hinweisen, dass das Mädchen zusammen mit seiner Mutter bei deren Eltern in Attendorn lebe, ist das Jugendamt mehrfach nachgegangen, fand aber keine stichhaltigen Beweise, die diese Thesen bekräftigten. Vorwürfe einer möglichen Kindeswohlgefährdung konnten nicht konkretisiert werden. Es lagen keine konkreten Beweise vor, dass das Kind nicht in Italien lebt.

Im Juli dieses Jahres berichtete ein Ehepaar, das keine direkte Verbindung zu den Familien hat, von einer möglichen Kindeswohlgefährdung und Erzählungen von Freunden, die sich sicher seien, dass das Kind im Haus der Großeltern gefangen gehalten würde. Daraufhin wurde am 14. Juli 2022 ein Amtshilfeersuchen des Kreis-Jugendamts beim Bundesamt für Justiz zur Weiterleitung an die zuständigen Behörden in Italien eingeleitet. Am 12. September 2022 erhielt das Jugendamt eine E-Mail des Bundesamtes für Justiz mit der Information der italienischen Zentralbehörde, „dass die Kindsmutter nie unter der in Ihrem Ersuchen angegebenen Adresse ansässig geworden ist“.

Bereits am nächsten Tag, am 13. September 2022, wurde per E-Mail der Sachverhalt vollumfänglich der Polizei mitgeteilt. Am 23. September 2022 hat das Familiengericht den Eltern Teile des Sorgerechts entzogen und das Jugendamt zum Ergänzungspfleger sowie eine Verfahrensbeiständin bestellt. Ferner wurde die Kindesmutter verpflichtet, das Kind „unverzüglich an das Jugendamt als Ergänzungspfleger herauszugeben“.

Am gleichen Tag durchsuchten Polizei und Jugendamt das Haus der Großeltern mütterlicherseits und fanden das Mädchen.

Die Staatsanwaltschaft Siegen hat ein Ermittlungsverfahren wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen sowie Freiheitsberaubung gegen die Kindsmutter und deren Eltern eingeleitet. Selbstverständlich prüft der Kreis Olpe die verfahrensbezogenen Vorgänge im eigenen Haus. Landrat Theo Melcher: „Ich hoffe, die Ermittlungen geben Antworten auf die uns alle bewegende Frage, warum das Mädchen über so viele Jahre versteckt wurde und ihm ein ,normales‘ Kinderleben verweigert wurde. Ich freue mich aber, dass das Mädchen aus dieser Situation befreit werden konnte und es ihm offenbar gesundheitlich gutgeht.“

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