„Die Pandemie darf nicht zur Inklusionsbremse werden“ – unter diesem Motto lud die heimische Bundestagsabgeordnete Nezahat Baradari (SPD) jetzt zu einer Online-Diskussion rund ums Thema Teilhabestärkungsgesetz ein. Hochkarätig besetzt war die Runde, zu der sich Teilnehmer aus ganz Deutschland zugeschaltet hatten, mit Angelika Glöckner (behindertenpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion), Thomas Cordt (Wohnverbundsleiter des Ev. Johanneswerk Lüdenscheid) und Andreas Mönig (Leiter der Werthmann-Werkstätten Attendorn).

Menschen mit Behinderungen sind im Vergleich zur restlichen Bevölkerung einem erhöhten Gewaltrisiko ausgesetzt. Doch wie können Menschen mit Behinderung gesetzlich geschützt werden? Der Entwurf der Bundesregierung zur Teilhabe von Menschen mit Behinderung sowie zu landesrechtlichen Bestimmungen der Träger der Sozialhilfe (Teilhabestärkungsgesetz) wurde auch mit den Stimmen der SPD-Parlamentarier beschlossen. Damit geht die SPD-Bundestagsfraktion einen weiteren Schritt in Richtung einer inklusiven Gesellschaft.

Dafür gab es in der Online-Diskussion viel Zustimmung. 

Eine der Kernfragen, auf die dabei eingegangen wurde: „Was kann man tun, um überall eine Barrierefreiheit und Gleichberechtigung zu erreichen?“ „Ein wichtiger Schritt für Menschen mit Behinderungen ist, dass sie ein Recht auf einen Werkstattplatz haben, wodurch ihnen Teilhabe am Arbeitsmarkt ermöglicht wird“, betonte Andreas Mönig. In Deutschland werden täglich rund 320.000 Menschen in 3.000 Werkstätten beschäftigt. „Damit leisten Sie eine enorme soziale Leistung“, erkannte Nezahat Baradari die Arbeit an. Eine Teilnehmerin der Runde merkte an, dass es nicht sein darf, in einer Behindertenwerkstatt für einen Vollzeitjob nur 180 Euro zu zahlen. „Selbst in einer Ausbildung wird mehr bezahlt. Es signalisiert, dass die Arbeit nicht so viel wert ist wie von Menschen ohne Behinderung“.

Sowohl Nezahat Baradari als auch Angelika Glöckner machten deutlich, dass die SPD-Bundestagsfraktion sich zu den Werkstätten bekennt. Jetzt müsse daran gearbeitet werden, dass es auch in den Behindertenwerkstätten einen Mindestlohn gibt. Peter Gabor, Vorsitzender des Landesbehindertenrat NRW, hatte diesen bereits 2019 gefordert. Andreas Mönig ergänzte, dass der gezahlte Lohn auch eine Wertschätzung für die geleistete Arbeit ist. Mönig konnte mit einer gewissen Erleichterung vermelden, dass die Werthmann-Werkstätten im Kreis Olpe in der Pandemiekrise finanziell mit einem blauen Auge davon gekommen seien. In anderen Region sähe dies anders aus, dort könnten manche Werkstätten nicht einmal mehr den Grundlohn zahlen.

Einig war sich die Diskussionsrunde auch darüber, dass Menschen mit Behinderungen und deren Angehörige bei der stationären Behandlung besser unterstützt werden müssen. Noch ist aber unklar, wer die (Lohnersatz-)Kosten für die sogenannte Krankenhausassistenz trägt. Ist die Abstellung eines Mitarbeiters beispielsweise bei der Übernachtung im Krankenhaus über den Träger der Eingliederungshilfe oder das Gesundheitsministerium zu tragen? 

In Bezug auf den barrierefreien Ausbau auch von Wohnungen forderten Baradari und Glöckner, dass es künftig Förderungen seitens des Bundes nur noch geben dürfe, wenn barrierefrei gebaut wird. Dass es in Bestandsgebäude schwierig sei, Barrieren abzubauen, war beiden bewusst. Glöckner dazu: „Wenn der Bäcker im Dorf seinen Eingang nicht barrierefrei umbauen kann, ist dem Nachbarn der Eingang ohne Barrierefreiheit lieber, als wenn der Bäcker seinen Laden schließt“. Die Frage, ob ein Begleithund überall mit hin darf, konnten die beiden Politikerinnen klar beantworten: „Ja, ein Begleithund hat im öffentlichen und privaten Bereich ein Zugangsrecht“. Eine Kraftanstrengung sei jedoch, dass auch im privaten Bereich noch viele Barrieren beseitigt werden müssten.

Eine Teilnehmerin monierte, dass beim Umbau von Kindergärten zu oft nicht behindertengerecht  ausgebaut werde. „Da fehlt manchmal sogar die Behindertentoilette“, merkte sie an. Und: „Bis behinderte Kinder überhaupt in Kindergärten kommen, bedarf es vieler Anstrengungen“.

Thomas Cordt wünschte sich, dass Menschen in Grundsicherung mehr barrierefreier Wohnraum zur Verfügung gestellt wird, der auch finanzierbar ist. Weil aber in Institution, wo mehrere Menschen leben, Gewaltaspekte nicht zu leugnen seien, müssten diese entsprechende Gewaltschutzkonzepte vorlegen.

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