Freitag, 14. Februar 2025

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38 bunt gestal­te­te Lol­lis schmü­cken die Wäl­le der Han­se­stadt Atten­dorn

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Die Initia­to­ren und För­de­rer

40 Kids aus Atten­dorn haben sich im Namen der Kin­der­rech­te auf den vier Stadt­wäl­len ver­ewigt. Am 29.08.2020 wur­de er offi­zi­ell ein­ge­weiht: der bun­des­weit ein­ma­li­ge „Weg der Kin­der­rech­te“. Nicht nur die Kids, auch die Stadt freut sich über die indi­vi­du­ell gestal­te­ten Schil­der an expo­nier­ten Stel­len rund um die Innen­stadt.
Nach mehr als drei Jah­ren kommt das Pro­jekt zu einem “run­den” Abschluss. Das Motiv der Infor­ma­ti­ons­ta­feln – ein Geschenk des Kin­der­schutz­bun­des an das ver­ant­wort­li­che Team (s. Eck­da­ten). Mar­lies Back­haus resü­miert: “Mein Herz­blut fließt über die Wäl­le. Und ich schaue mit den Kin­dern stolz auf ihre 38 gelun­ge­nen “Lol­lis”.“

jan backhaus dokumeniert die gestaltung der lollis
Jan Back­haus doku­men­tiert die Gestal­tung der Lol­lis (Foto: Mar­lies Back­haus)

Die kreis­run­den Bil­der in drei Metern Höhe erin­nern an rie­si­ge Lol­lis. Die far­ben­fro­hen Hin­gu­cker sind Trä­ger per­sön­li­cher und zugleich uni­ver­sel­ler Bot­schaf­ten: Wün­sche und Rech­te von jun­gen Atten­dor­nern, ange­lehnt an die Gen­fer Kin­der­rechts­kon­ven­ti­on.
Ein Lol­li steht sym­bo­lisch für Unbe­schwert­heit, Fröh­lich­keit, Spaß, ‚„Bunt­heit“… – Attri­bu­te einer idea­len Kind­heit. In die­sem Sin­ne for­mu­lier­ten 1989 die Ver­ein­ten Natio­nen die Kin­der­rechts­kon­ven­ti­on. Kin­der haben ein Recht auf Leben, Bil­dung, Schutz, Nah­rung, Mei­nungs­frei­heit, Gesund­heit, Ruhe, Spiel… Nicht über­all auf der Welt wer­den die­se Rech­te als selbst­ver­ständ­lich be- und geach­tet.

film weiss
Auf jedem Lol­li ist ein Wunsch der Kin­der fest­ge­hal­ten; hier ein paar Bei­spie­le (Foto: Jan Back­haus)

Künst­le­ri­sche Inter­ven­tio­nen im Stadt­bild

Jun­ge Men­schen sind beson­ders schutz­be­dürf­tig, auch bei uns…
Es war dem ver­ant­wort­li­chen K.I.A.-Team ein Anlie­gen, die­ses gesell­schaft­lich rele­van­te The­ma Kin­dern und Jugend­li­chen spie­le­risch „schmack­haft“ zu machen. Eines der Kern­zie­le der Initia­to­ren. Begon­nen hat alles im Jahr 2014, als sich die K.I.A.-Initiatoren zusam­men schlos­sen unter dem Slo­gan

„Fühl dich zuhau­se in Atten­dorn – Mach die Stadt zu dei­ner Stadt“.

Zwei hei­mi­sche Künst­ler und das Jugend­zen­trum grün­de­ten „K.I.A. – Kids in Atten­dorn“. Die­se Initia­ti­ve will durch span­nen­de künst­le­ri­sche Akti­vi­tä­ten die Iden­ti­fi­ka­ti­on jün­ge­rer Bewoh­ner mit ihrer Hei­mat­stadt stär­ken und sie ihrer­seits in den gesell­schaft­li­chen Fokus rücken. Es soll ihnen die Mög­lich­keit gebo­ten wer­den, ihre künst­le­ri­schen Fähig­kei­ten zu ent­de­cken und etwas Blei­ben­des zu schaf­fen, das alle Kin­der und Jugend­li­chen ihrer Stadt betrifft, auch die Geflüch­te­ten, die hier in Atten­dorn eine neue Hei­mat finden.Die dau­er­haft Instal­la­ti­on “Der Weg der Kin­der­rech­te” war das größ­te und auf­wen­digs­te Vor­ha­ben von K.I.A..

Im “Ate­lier auf Zeit“

Nach lang­wie­ri­ger Pla­nung und Kampf um Geneh­mi­gung, konn­te die Pro­jekt­grup­pe ab 2017 mit finan­zi­el­ler Unter­stüt­zung (s. Info­ta­fel) die Wäl­le “beschil­dern” und damit künst­le­ri­sche und kul­tur­re­le­van­te Farb­ak­zen­te in der Stadt set­zen.
Als Arbeits­raum dien­te u.a. ein vom Bür­ger­meis­ter zur Ver­fü­gung gestell­tes Laden­lo­kal mit­ten in der Alt­stadt. Hier hat­ten die Atten­dor­ner Bür­ger Gele­gen­heit, den kom­plet­ten Ent­ste­hungs­pro­zess der Wer­ke zu ver­fol­gen.

jugendliche beim experimentellen spachteln mit acrylfarbe
Jugend­li­che beim expe­ri­men­tel­len Spach­teln mit Acryl­far­be (Foto: Jan Back­haus)

Die Idee über­di­men­sio­na­ler „Lol­lis“ als Trä­ger der selbst for­mu­lier­ten Bot­schaf­ten kam dem kind­li­chen Gestal­tungs­drang sehr ent­ge­gen. Und dass die­se Lol­lis spä­ter als gro­ße Schil­der in der Stadt auf­ge­stellt wer­den, war ein beson­de­res High­light.
Über den Zeit­raum von drei Jah­ren ent­war­fen immer neue Teil­neh­mer auf­fäl­li­ge kreis­för­mi­ge Bil­der in unter­schied­li­chen bild­ne­ri­schen Tech­ni­ken. So ent­stan­den Dar­stel­lun­gen von fast echt wir­ken­den Lol­lis, auf denen sich der schein­ba­re Zucker­guss spi­ra­lig aus­brei­te­te, oder auch rein abs­trak­te Farb-Spie­le und ‑Ver­läu­fe, bei denen die jun­gen Teil­neh­mer mit Acryl­far­ben auf dem Unter­grund fan­ta­sie­voll expe­ri­men­tier­ten.

die werke werden begutachtet
Die Wer­ke wer­den begut­ach­tet (Foto: Jan Back­haus)

Die meis­ten der jun­gen Teil­neh­mer wuss­ten nicht, dass sie eige­ne Rech­te haben, dass es sogar offi­zi­el­le „Kin­der­rech­te“ gibt, die ihnen Schutz und ein wür­di­ges Leben bie­ten sol­len. In Gesprächs­run­den erfuh­ren sie von der Ver­ab­schie­dung der UN-Kin­der­rechts­kon­ven­ti­on im Jahr 1990. Es wur­den ver­schie­de­ne Berei­che ange­spro­chen, wie Gleich­be­hand­lung, Bil­dung, elter­li­cher Für­sor­ge, gewalt­frei­er Erzie­hung, Schutz vor wirt­schaft­li­cher und sexu­el­ler Aus­beu­tung, Nah­rung, Mei­nungs­frei­heit, Gesund­heit, Ruhe, Spiel und Frei­zeit. Schließ­lich wur­den eige­ne Wün­sche und Ansprü­che zusam­men­ge­tra­gen und auf­ge­schrie­ben.

Nach­hal­ti­ge Dau­er­aus­stel­lung unter frei­em Him­mel

Her­aus kamen 38 Lol­lis mit einer Bild­sei­te und einer Bild-/Text­sei­te mit den selbst ver­fass­ten For­mu­lie­run­gen ihrer Wün­sche und Rech­te. Die gemal­ten und beschrie­be­nen Ori­gi­na­le wur­den ein­zeln abfo­to­gra­fiert und beid­sei­tig auf 60 cm run­de Schil­der aus Metall gedruckt. Am Ende wur­den die­se auf hohen Stan­gen auf den Stadt­wäl­len, die als ver­kehrs­be­ru­hig­te Stra­ßen die Innen­stadt umrun­den, auf­ge­stellt. Sie machen die Atten­dor­ner Wäl­le für Bür­ger­meis­ter Chris­ti­an Pospi­schil zu „per­fek­ten Wäl­len“, um die man in Atten­dorn kaum her­um kommt!

Neben dem Kern­ziel, nach­drück­lich Kin­der­rech­te öffent­lich auf­zu­zei­gen, besteht die Nach­hal­tig­keit die­ses Pro­jekts im urba­nen Raum dar­in, dass künst­le­ri­sches Arbei­ten zur Selbst­ver­wirk­li­chung und dadurch zur Stär­kung des Selbst­be­wusst­seins der Kids bei­getra­gen hat. Im Bewusst­sein der Eltern und durch das Feed­back aus der Bevöl­ke­rung erleb(t)en sie eine posi­ti­ve Wahr­neh­mung auf ihr Enga­ge­ment in der Stadt und for­dern gene­ra­ti­ons- und kul­tur­über­grei­fen­de Dia­lo­ge her­aus. Das impo­niert dem Prä­si­den­ten des Kin­der­schutz­bun­des Heinz Hil­gers beson­ders am „Weg der Kin­der­rech­te“.

Die jün­ge­ren Bewoh­ner wur­den unmit­tel­bar und aktiv an der Aus­ge­stal­tung ihres Lebens­um­fel­des betei­ligt. Und unter Ein­be­zie­hung ihrer jun­gen und fri­schen Impul­se konn­ten sie behut­sa­me Inter­ven­tio­nen im Stadt­bild erle­ben. Sie machen dau­er­haft auf­merk­sam auf ihr Recht, gehört (und gese­hen) zu wer­den. Mög­li­cher­wei­se moti­viert sie ihr gestal­te­ri­sches, kri­ti­sches Ein­grei­fen, auch zukünf­tig Zei­chen zu set­zen, sich ver­ant­wort­lich für ihr Umfeld ein­zu­set­zen und es schüt­zen zu wol­len.

die juengeren teilnehmer beim malen mit marlies backhaus im atelier auf zeit
Die jün­ge­ren Kin­der beim Malen mit Mar­lies Back­haus (Foto: Jan Back­haus)


Eck­da­ten:
K.I.A. – Kids in Atten­dorn ist eine Initia­ti­ve für künst­le­ri­sche Bei­trä­ge zur Gestal­tung der Atten­dor­ner Innen­stadt durch jun­ge Men­schen im Rah­men eines erwei­ter­ten kul­tu­rel­len Ange­bots im Jugend­zen­trum Atten­dorn. Par­al­lel zum “Weg der Kin­der­rech­te” wur­de “Mus­ter­haft zum Big­ge­see” eine Mau­er­ge­stal­tung am Wal­den­bur­ger Weg begon­nen, die in den kom­men­den Wochen fort­ge­setzt wird. Das drit­te geneh­mig­te Pro­jekt “Wall of Gene­ra­ti­ons – Bun­te Bür­ger” am Mehr-Gene­ra­tio­nen-Spiel­platz wur­de sei­ner­zeit wegen der Pla­nung des Kinos noch zurück­ge­stellt.

Weg der Kin­der­rech­te-Akteu­re:
Ent­wür­fe der Lol­li-Schil­der (Male­rei, Tex­te und Schrift): 40 Atten­dor­ner Kin­der und Jugend­li­che
Idee: Anna Orsi­ni (Erzie­he­rin) und Mar­lies Back­haus (Kunst­leh­re­rin im Ruhe­stand und frei­schaf­fen­de Künst­le­rin)
Künst­le­ri­sche Lei­tung und Bear­bei­tung der Schil­der, Orga­ni­sa­to­ri­sches, Erstel­lung der Bro­schü­re zum Pro­jekt: Mar­lies Back­haus
Film­do­ku und künst­le­ri­sche Assis­tenz: Jan Back­haus (Diplo­mier­ter Fil­me­ma­cher)
Mon­ta­ge der Schil­der: Peter Grä­ve (Haus­meis­ter) mit Buf­dis und Prak­ti­kan­ten im Jugend­zen­trum

Bro­schü­re zum Weg der Kin­der­rech­te: erhält­lich im Süd­sauer­land­mu­se­um, Tou­rist Infor­ma­ti­on
Film­do­ku­men­ta­ti­on: online auf https://youtu.be/VLywlDdgp2k

Die Schil­der

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Die gemal­ten Lol­lis auf wei­ßem Hin­ter­grund, deren Vor­der und Rück­sei­te (Bild: Mar­lies Back­haus)

Ich wün­sche mir, dass Kin­der nicht ver­letzt wer­den (Ali­sha)
…, dass Kin­der vor Aus­beu­tung geschützt wer­den (Jus­tus)
…, dass Kin­der mehr mit­be­stim­men dür­fen (Karl)
…, dass alle Kin­der mehr Frei­zeit haben (Lisa)
…, dass es weni­ger Ter­ror und Gewalt auf der Welt gibt (Noel)
…, dass jeder so sein darf, wie er ist (Pau­li­na)
…, mei­ne Mei­nung sagen zu dür­fen (Vicki)
…, dass Kin­der vor Gewalt geschützt wer­den (Yves)
…, dass Kin­der nicht unter schreck­li­chen Bedin­gun­gen leben  (Deniz)
…, dass alle Kin­der zur Schu­le gehen kön­nen (Farzad)
…, dass jedes Kind genug zu essen hat (Abdul)
…, dass alle Kin­der auf der Welt Was­ser haben (Anna)
…,  dass unse­re Natur geschützt wird (Lena!)

Jedes Kind hat das Recht, vor Mob­bing geschützt zu wer­den (Sofia)
… hat ein Recht auf Leben (Sophia)
… auf sei­ne eige­ne Kul­tur (Maryam)
… künst­le­risch tätig zu sein (Nele)
… auf ein Dach überm Kopf (Lena)
… auf sei­ne eige­ne Iden­ti­tät (Alan)
… zu erfah­ren, was in der Welt vor sich geht (Ramon)
… auf elter­li­che Für­sor­ge (Kim)
… auf Schutz vor Dro­gen (Sala­nik)
… hat das Recht zu erfah­ren, was in der Welt vor sich geht (Ramon)
… auf eine intak­te Umwelt (Bene­dikt – gefakt)
… auf För­de­rung bei Behin­de­rung  (Lisa – gefakt)
… freie Mei­nungs­äu­ße­rung und Betei­li­gung (Jan)
… hat ein Recht auf Bil­dung (Meh­di)
… hat ein Recht auf sei­ne eige­ne Iden­ti­tät (Alan)

Kin­der haben das Recht, laut zu sein (Sophie)
Kin­der dür­fen nicht von ihren Fami­li­en getrennt wer­den (Mar­cel)
Kin­der haben das Recht sich aus­zu­ru­hen (Ange­li­na)
Kin­der haben das Recht auf Schutz vor sexu­el­lem Miss­brauch (Mar­gi)
Kin­der sol­len glück­lich in der Fami­lie auf­wach­sen (Lou­is)
Kin­der sol­len vor jeg­li­chem Miss­brauch geschützt wer­den (Mar­gi)
Alle Kin­der sol­len sau­be­re Luft atmen kön­nen (Simon)

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