Donnerstag, 21. November 2024

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Attendorner Erlöserkirche wurde 110 Jahre alt

Großes Kirchweihfest rund um das „Geburtstagskind“

Mit einem Festgottesdienst und einem großen Gemeindefest rund um das „Geburtstagskind“ feierte die evangelische Kirchengemeinde Attendorn-Lennestadt jetzt den 110. Geburtstag ihrer Erlöserkirche am Klosterplatz in Attendorn. Denn am 28. Juli 1914 wurde sie ein Jahr nach ihrer Grundsteinlegung am 3. August 1913 feierlich ihrer Bestimmung übergeben.

Vor dem Altar hatte Pfarrer Andreas Schliebener noch in der Nacht zum Sonntag ein Holzgerüst aufgebaut, das in seiner Silhouette der Kirche ähnelte, um dort im Gottesdienst von den Besucherinnen und Besuchern entzündete Teelichter anbringen zu können. In seiner Begrüßung und Predigt ging er immer wieder auf die Geschichte der Erlöserkirche ein.

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Pfarrer Andreas Schliebener vor der mit Teelichtern geschmückten Silhouette der Erlöserkirche

Er erinnerte daran, dass das Kirchweihfest kein unbeschwertes Fest mehr gewesen sei. Die drohende Mobilmachung überschattete alles. Der erste reguläre Gottesdienst in der Erlöserkirche am Sonntag, den 2. August 1914, verabschiedete mit einem Abendmahlsgottesdienst die ersten Truppen an die Front. Der Erste Weltkrieg war ausgebrochen.

Laut Bauantrag vom 25. Januar 1913 hat die Kirche eine Grundfläche von 335,61 m² und der Turm eine Grundfläche von 32,45 m². Die Kirche umfasse nach Fertigstellung einen umbauten Raum von 3 418,23 Kubikmeter, während beim Turm 717,20 m³ umbauter Raum vorhanden seien, so Architekt August Mucke in seiner Baubeschreibung. Die Baukosten sollten sich auf 80 000 Mark belaufen; letztendlich waren es 86 000 Mark. Sie war ganz mit Blick auf die Zukunft erbaut. Sie sah 500 Sitzplätze vor, hatte elektrische Beleuchtung, Wasseranschluss und Zentralheizung, was es in manchen Attendorner Bürgerhäusern zu der Zeit noch nicht gab. Sie sollte das kleine Kirchlein „in Pastors Garten“ ersetzen, das durch das Anwachsen der Gemeinde auf rund 1 100 Gemeindeglieder sonntags nicht mehr alle Gottesdienstbesucher fassen konnte.

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Die Erlöserkirche kurz nach der Grundsteinlegung

Dass sich der Zorn der Attendorner auf die evangelischen Mitbewohner über den Bau einer eigenen Kirche gelegt hatte, war auch dem klugen Wirken von Pfarrer Schulte-Kersmecke und dem Architekten Gustav Mucke aus Hagen zu verdanken. Wo immer es ging, bekamen Attendorner Handwerker – zumeist katholischen Glaubens – die Bauaufträge für den Neubau.

Bereits am 21.Mai 1914, dem Himmelfahrtstag, ertönte das neue Geläut der sich noch im Bau befindlichen Erlöserkirche zum ersten Mal vom neuen Kirchturm. In das neue Geläut wurden auch die beiden Glocken eingefügt, die als Geschenk Kaiser Wilhelm I. schon im Glockenstuhl der ersten Kirche gehangen hatten. So wurde erreicht, dass das neue das gleiche Geläut war, wie es die Erlöserkirche in Jerusalem besitzt. Vielleicht ist das auch der Grund, warum die Kirche den Namen „Erlöserkirche“ erhielt. Die Entscheidung für diese Namensgebung lässt sich nämlich aus den Protokollbüchern der Gemeinde nicht entnehmen.

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Der ursprüngliche Chorraum

Ende des Zweiten Weltkrieges erlitt die Kirche durch den Bombenangriff des 28. März 1945 einigen Schaden, ebenso wie durch die Explosion der Munition, die die Amerikaner im Keller des ehemaligen Rathauses hatten zusammentragen lassen. Sämtliche Glasfenster und die Orgel wurden arg in Mitleidenschaft gezogen. Aber bald konnte die Orgel wieder benutzt werden. Auch die Fenster wurden schnell wieder verglast.

Erst 1959 wurden jedoch die bunten Bleifenster des Chores wieder eingesetzt. Oberstudienrat Karl Müller vom Rivius-Gymnasium hatte sie nach den ursprünglichen Motiven: Der barmherzige Samariter, der verlorene Sohn und in der Mitte der auferstandene Christus, in mühevoller Kleinarbeit entworfen und die Herstellung überwacht. Nachdem 1960 die Kirche neu ausgemalt worden war, wurden zwei Jahre später auch die großen Seitenfenster eingesetzt.

1969 musste die Orgel aus dem Jahre 1914 nun doch ersetzt werden. Anfang Februar 1970 konnte die neue, nach Ansicht von Kreiskirchenmusikwart Dr. Stüven aus Plettenberg „keine allzu große Orgel“, dann mit ihren 14 Registern übernommen werden. Sie wird bis heute in allen Gottesdiensten und auch bei Konzerten gespielt.

1948 erhielt das „Geburtstagskind“ drei neue Stahlglocken vom „Bochumer Verein“, weil 1942 zwei der Bronzeglocken abgegeben werden mussten. Da diese Glocken fürchterlich hart klangen, beschloss das Presbyterium 1992 trotz erheblicher Einwände aus der Gemeinde, neue Bronzeglocken anzuschaffen. Erntedankfest 1995 war es dann soweit: Zum ersten Mal erklangen die fünf neuen Glocken gemeinsam mit der kleinsten, die bereits mit in der ersten Kirche zum Gottesdienst einlud. Da die Glocken mit denen der katholischen Kirchengemeinde abgestimmt wurden, erklingen seitdem zu besonderen Anlässen die Glocken der Stadt „in geschwisterlichem Klang“, wie es der damalige Pfarrer Ekkehard Bertram bei der liturgischen Segnung ausdrückte.

Im Rahmen der notwendigen Grundsanierung wurden der Erlöserkirche 1995 die in der Originalzeichnung vorgesehenen vier Turmuhren gegeben. Das Turmkreuz erhielt eine neue vergoldete Kugel, in der die Urkunde über die Außensanierung versiegelt wurde. Außerdem schwebt als krönender Abschluss nun wieder ein nach den alten Vorlagen vergoldeter Hahn über dem Turm der Erlöserkirche.

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Die Erlöserkirche prägt seit 110 Jahren den Norden des Klosterplatzes der Hansestadt Attendorn

Nachdem die Kirche von außen saniert war, ging man mit Eifer an die Sanierung des Innenraumes. Im Mai 1997 feierte die Gemeinde in der Kirche mit ihrem mehr als 25 Jahre alten „Outfit“ den letzten Gottesdienst, bevor sie am Reformationstag (31.10.) in neuem Glanz mit einem Festgottesdienst wieder eröffnet werden konnte.

Nach Absprache mit den Denkmalschützern wurde der Umfang der Restaurierung und Ausmalung mit einem Kostenvoranschlag von rund 630 000 DM festgelegt.

Die Liste der Arbeiten reichte vom Entfernen der unansehnlichen grauen Farbe an den Emporen aus den 60-er Jahren, dem Neuanstrich des gesamten Gestühls bis hin zur Grundüberholung der Orgel und einer neuen Heizung. Neu installiert wurde auch die gesamte Beleuchtung. Entgegen aller Annahmen der Fachleute zeigte sich bei den Arbeiten, dass noch viele Reste der ursprünglichen Jugendstil-Ausmalung vorhanden waren. So entschloss sich das Presbyterium zu einer Innenausmalung in Anlehnung an die Erstausmalung. Lediglich der Chorraum erhielt statt des dunkelblauen Sternenhimmels wie bei der ersten Renovierung wieder einen cremigen Anstrich, was das ganze Kirchenschiff heute heller erscheinen lässt.

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Alles in allem hat der Bau dieser Kirche allen Befürchtungen zum Trotz auch dazu beigetragen, das Verhältnis zwischen den evangelischen und katholischen Bürgerinnen und Bürgern der Hansestadt zu entkrampfen, so dass man heute auf beiden Seiten jeweils von der Schwestergemeinde spricht.

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Die lange Rutsche war mit einer der Höhepunkte für die Kleinsten der Gemeinde

Wie es sich für eine zünftige Geburtstagsfeier gehört, feierten die Gemeindeglieder – trotz eines heftigen Regenschauers zwischendurch – mit Grillwürstchen, Linsensuppe, Kaffee und Kuchen sowie frisch gebackene Waffeln. Auch für die entsprechenden Getränke war reichlich gesorgt.

Für die Jüngsten der Gemeinde gab es zudem eine Hüpfburg, eine lange Rollenrutsche, zahlreiche Spielgeräte und den Zirkus Pompitz, was dafür sorgte, dass der Nachmittag niemanden langweilig wurde.


Fotos und Repros: Karl-Hermann Ernst

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