Die Nachricht über den zukünftigen Arbeitsplatzverlust trifft Beschäftigte meist unvorbereitet und wirkt zunächst existenzbedrohlich. Nach langjähriger Betriebszugehörigkeit kam die Information für die Beschäftigten des Benteler Werkes in Siegen-Weidenau jedenfalls überraschend: Die Betriebsschließung ist beschlossen und der Arbeitsplatzverlust unabwendbar. Ein gehöriger Schock, der sich bei den vielen Beschäftigten einstellte und zunächst einmal verdaut werden musste. Zur gleichen Zeit begannen nach Kenntnisnahme dieser Nachricht bereits bei der Agentur für Arbeit Siegen die ersten Vorbereitungen für eine breit angelegte Informationsoffensive für die betroffenen Beschäftigten. In enger Abstimmung mit der Transfergesellschaft MYPEGASUS agierten alle Beteiligten Hand in Hand als Perspektivgeber, standen beratend bei der beruflichen (Neu-) Orientierung zur Seite und nutzten gemeinsam mit den ausscheidenden Beschäftigten die Zeit des Kündigungsschutzes aktiv. Denn wenn ein Personalabbau unvermeidlich ist, ist der Weg in eine Transfergesellschaft in Kooperation mit der Arbeitsagentur eine gute Möglichkeit, rasch wieder in eine langfristige Beschäftigung vermittelt zu werden. Das erklärte Ziel aller Akteure ist dabei, die Arbeitslosigkeit im besten Falle zu vermeiden und gleichzeitig finanziell abgesichert zu sein, etwa durch den Bezug von Transferkurzarbeitergeld. Der Wechsel der von Arbeitslosigkeit bedrohten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in die Transfergesellschaft ist dabei immer freiwillig.
Viele der über die Jahre erworbenen berufsspezifischen Kenntnisse sind auch für zukünftige Arbeitgeber sehr attraktiv. Manche Fertigkeiten haben hohen Bezug zu den betrieblichen Strukturen und sind in anderen Unternehmen weniger anwendbar. Dazu kommt oft, dass aus einer ursprünglichen Anstellung als Fertigungshelfer mit zunehmender Betriebszugehörigkeit und Berufserfahrung, Facharbeitertätigkeiten im Unternehmen ausgeübt wurden – ohne die dazugehörige Qualifikation als Nachweis. Das fachliche Know-How ist somit vorhanden, bildet sich aber nicht durch einen formell vorliegenden Berufsabschluss ab. Für potentielle Arbeitgeber ist aber genau dieser Nachweis bei einer Einstellung wichtig. Auch schärft ein qualifizierter Berufsabschluss das eigene Profil – man wird als ausgebildete Fachkraft ganz anders auf dem Arbeitsmarkt geschätzt. In einem gemeinsamen Kraftakt haben die Agentur für Arbeit Siegen, die Transfergesellschaft MYPEGASUS und ein Bildungsträger vor Ort, das bfw – Unternehmen für Bildung in Siegen, einen Vorbereitungslehrgang konzipiert, der den Transferbeschäftigten die Möglichkeit bot, innerhalb kürzester Zeit und unter Anrechnung sämtlicher erworbener Berufserfahrung einen qualifizierten Abschluss zu erlangen. Mittels einer Externenprüfung, bestehend aus einem schriftlichen und einem mündlichen Prüfungsteil, erwerben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer so einen durch die Industrie- und Handelskammer (IHK) anerkannten vollwertigen Berufsabschluss.
Die Teilnehmenden legten im Rahmen der Qualifizierung viel Selbstdisziplin und ein beachtliches Engagement an den Tag. Laura Spies, Arbeitsvermittlerin der Siegener Arbeitsagentur, resümiert die Bemühungen der teilnehmenden Prüflinge: „Alle haben sich in vorbildlicher Weise, mit viel Fleiß und Ehrgeiz den Wunsch nach einem nachweislich anerkannten Berufsabschluss mit der IHK-Abschlussprüfung realisiert.“ In der Regel liegt die Schulzeit lange zurück und Lernen muss erst einmal wieder erlernt werden. Zudem ist der Unterrichtsplan straff. Ein Gefühl von Verunsicherung, Sorge und auch Überforderung machte sich zwischenzeitlich breit. Auch die Transfergesellschaft hat von der ersten Sekunde mit Rat und Tat den ehemaligen Beschäftigten des Benteler-Werks zur Seite gestanden und deren Qualifizierungswunsch unterstützt. Ralf Baum von MY PEGAGSUS fasst zusammen: „Der Entschluss, sich in die Transfergesellschaft zu begeben ist keine Einbahnstraße. Natürlich überwiegt zunächst die Enttäuschung, die Nachricht über das Beschäftigungs-Aus muss überwunden werden. Aber wenn der Wille dann da ist, sich passgenaue Möglichkeiten bieten, kann der Weg in eine nachhaltige Beschäftigung gelingen.“ Einer der Teilnehmer berichtet von seinen eigenen Erfahrungen und der Unterstützung, die er auf seinem Weg erfahren hat: „Jeder für sich war am Anfang niedergeschlagen. Doch recht schnell wurden uns gute, perspektivgebende, individuelle Angebote unterbreitet und ganz persönliche Wege aufgezeichnet. Mit dem Zertifikat in der Hand mache ich mich jetzt auf meinen eigenen Weg.“