Freitag, 07. Februar 2025

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Die­ter Lam­mers­dorf unter­wegs mit Ral­lye-Pro­fi Mat­thi­as Kah­le

Nor­ma­ler­wei­se erkun­de ich das Sau­er­land mit mei­nem 63 Jah­re alten Hein­kel-Rol­ler, wahl­wei­se mit mei­nem ähn­lich alten Hein­kel-Kabi­nen­rol­ler. 10 PS, maxi­mal 82 Stun­den­ki­lo­me­ter, mehr ist nicht drin. Tre­cker über­ho­len? Damit eher nicht. An die­sem Mor­gen ändert sich mei­ne Moto­ri­sie­rung jedoch fun­da­men­tal.

Es ist der drit­te und letz­te Tag der „Sau­er­land-Klas­sik“ 2023. Mit der „Ral­lye im Land der 1000 Ber­ge“ will Ver­an­stal­ter Peter Göbel rund 200 Teil­neh­mern mit Old­ti­mer­ben­zin im Blut die Schön­heit mei­ner Hei­mat vor Augen füh­ren. Und den Sau­er­län­dern die Schön­heit his­to­ri­scher Fahr­zeu­ge auf geschwun­ge­nen Land­stra­ßen.

Anders als die meis­ten ande­ren Teil­neh­mer habe ich eine kur­ze Anrei­se. Von Olpe, wo ich seit Jahr­zehn­ten woh­ne, ist es nach Atten­dorn nur ein Kat­zen­sprung. Es ist neb­lig, als sich um 8.15 Uhr auf dem Atten­dor­ner Markt­platz ein Fah­rer­feld in Bewe­gung setzt, das es nicht alle Tage in der male­ri­schen Klein­stadt zu bestau­nen gibt. Mit dabei sind staats­tra­gen­de Karos­sen wie der Mer­ce­des 300 SEL 3,5, skur­ri­le Sel­ten­hei­ten wie der Citro­ën Visa Chro­no und edle Sport­ler wie der Jagu­ar XK 120. Sport­lich ist auch der Sko­da 120 LR von 1985, in dem ich Platz neh­men darf. Es ist ein Ral­lye-Geschoss mit nur 730 Kilo Gewicht und immer­hin 130 PS im Heck, die uns nun in Rich­tung Witt­gen­stei­ner Land tra­gen.

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Obwohl ich seit mei­ner Jugend von alten Fahr­zeu­gen fas­zi­niert bin und mich auch als Betrei­ber der Web­site „www.Oldtimermuseen.de“ der Schrau­ber­sze­ne eng ver­bun­den füh­le – an einer Old­ti­mer­ral­lye habe ich bis­her noch nie teil­ge­nom­men. Dass ich als Bei­fah­rer einem Pro­fi wie Mat­thi­as Kah­le zuge­ord­net bin, macht mich noch ner­vö­ser. Zumal er immer wie­der nach Auto­gram­men gefragt wird. Die­ser Mann ist in der Sze­ne ein Star. Seit rund 30 Jah­ren ist der gebür­ti­ge Gör­lit­zer im Motor­sport aktiv, hat allein sie­ben Mal die Deut­sche Ral­lye-Meis­ter­schaft gewon­nen. Und nun soll ich ihm also sagen, wo er lang zu fah­ren hat? Peter Göbel hat uns Neu­lin­gen zwar vor der Tour genau erklärt, wie man ein Road­book mit all sei­nen Hie­ro­gly­phen zu lesen hat. Aber trotz­dem ist mei­ne Auf­re­gung groß.

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Aber auch unbe­grün­det. Ich ver­ste­he mich auf Anhieb her­vor­ra­gend mit Mat­thi­as Kah­le. Er ist ein locke­rer, sym­pa­thi­scher Mitt­fünf­zi­ger, der mir in jeder Sekun­de ein siche­res Gefühl gibt. Rou­ti­niert über­holt er auf lang­ge­zo­ge­nen Gera­den lah­me Land­ma­schi­nen, bleibt am Steu­er aber immer gelas­sen. Sicher steu­ert er uns durch die Ser­pen­ti­nen am Rhein-Weser-Turm, wäh­rend er mit mir über Gott und die Welt plau­dert. Wer die Ral­lye Dakar mehr­fach erfolg­reich gefah­ren ist, lässt sich vom Sau­er­land nicht aus der Ruhe brin­gen.

Dass wir zwei Mal eine Abfahrt ver­schwit­zen, weil wir uns so ange­regt unter­hal­ten, ist natür­lich mei­ne Schuld. Ich habe nicht auf­ge­passt. Aber egal. Bei der Sau­er­land-Klas­sik kommt es ohne­hin nicht auf Schnel­lig­keit an. Die Punk­te­wer­tung basiert auf den klei­nen Fahr­prü­fun­gen, die am Stra­ßen­rand auf uns war­ten. Dabei muss immer eine Stre­cke mög­lichst in einer vor­de­fi­nier­ten Zeit gefah­ren wer­den. In Alerts­hau­sen fin­det die Durch­fahrts­prü­fung sogar in einem Kuh­stall statt. Als ich ein­mal als Zeit­neh­mer den exak­ten Ein­satz ver­pas­se, nimmt mir Mat­thi­as Kah­le auch dies nicht übel. Das kom­me selbst unter Pro­fis vor, meint er.

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Ver­an­stal­ter Peter Göbel hin­ge­gen macht kei­ne Feh­ler. Dem Zufall über­lässt er nichts, alles ist per­fekt orga­ni­siert und läuft exakt nach Plan. Für die Fah­rer geht es umso ent­spann­ter zu. Unter­wegs legen wir sogar eine Foto-Pau­se ein: tsche­chi­scher Fich­ten-Flit­zer vor Witt­gen­stei­ner Nadel­wald. Das will fest­ge­hal­ten wer­den. Vor allem, da sich nun immer mehr die Son­ne zeigt. Schö­ne Kulis­sen gibt jetzt über­all. Der Tross aus rund 100 Fahr­zeu­gen schiebt sich gemäch­lich durch schmu­cke Dörf­chen wie Aue, Bir­kel­bach oder Feu­din­gen, legt Zwi­schen­stopps in Bad Laas­phe, am Rhein-Weser-Turm und am Bad Ber­le­bur­ger Schloss ein und wird fast über­all von begeis­ter­ten Old­ti­mer­fans emp­fan­gen.

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Die Fest­hal­le von Berg­hau­sen, die für unse­re Mit­tags-Ein­kehr reser­viert ist, hat die Old­ti­mer-Inter­es­sen­ge­mein­schaft Bad Ber­le­burg sogar bis ins Detail deko­riert, als wie ein­tref­fen. Wir spei­sen in Gegen­wart einer his­to­ri­schen Tank­stel­le und bestau­nen ein altes Wohn­wa­gen-Gespann. Ein­fach stark.

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Am Nach­mit­tag sind wir zurück in Atten­dorn. Ich bin begeis­tert. Ich habe einen Tag erlebt, wie ich ihn sel­ten erlebt habe. Die Abschluss­ga­la am Abend setzt dem Gan­zen noch die Kro­ne auf. Dass Mat­thi­as Kah­le und ich bei der Punk­te­wer­tung nur irgend­wo im Mit­tel­feld gelan­det sind, spielt dann längst kei­ne Rol­le mehr.

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Text und Fotos: Die­ter Lam­mers­dorf

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