Dienstag, 08. April 2025

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Mensch und Wald – ein gespann­tes Ver­hält­nis

Gut 100 gespann­te Zuhö­re­rin­nen und Zuhö­rer nahm der His­to­ri­ker Dr. Bern­ward Sel­ter (Wald und Holz NRW, Zen­trum für Wald und Holz­wirt­schaft) am 14. April bei sei­nem Vor­trag im Kul­tur­Bahn­hof Gre­ven­brück mit auf eine infor­ma­ti­ve Zeit­rei­se zur Ent­wick­lung des Wal­des im west­fä­li­schen Raum.

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Förs­ter Lorenz Lüke-Sell­horst (mit Mikro links), Kreis­hei­mat­pfle­ge­rin Susan­ne Falk und Dr. Sel­ter bei der Aus­spra­che im Anschluss an den Vor­trag (Bild: Andrea Are­ns)

Sei­ne wesent­li­che The­se zum Aspekt der Nach­hal­tig­keit bei der Nut­zung des Wal­des lau­te­te ernüch­ternd: Weder im Mit­tel­al­ter noch in der Neu­zeit gab es die­se Nach­hal­tig­keit, da der Mensch den Wald als Lebens- und Wirt­schafts­raum rigo­ros aus­nutz­te. In den frü­he­ren Jah­ren ver­hin­der­te vor allem die Ein­heit von Land- und Forst­wirt­schaft eine nach­hal­ti­ge Bewirt­schaf­tung.

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Dr. Sel­ter wäh­rend sei­nes Vor­trags im Kul­tur­bahn­hof Gre­ven­brück (Bild: Andrea Are­ns)

„Der Wald war wie leer­ge­fegt.“ So ein Fazit von Dr. Bern­ward Sel­ter. Alles, was der Wald her­gab, wur­de vom Men­schen in Anspruch genom­men. Man spricht des­halb gera­de­zu von einem ‚höl­zer­nen Zeit­al­ter‘. Es begann mit dem Wald als Vieh­wei­de. Laub und Knos­pen wan­der­ten in die Tier­mä­gen und beson­ders die Eicheln waren für die Schwei­ne­mast unent­behr­lich. Für das Fett­wer­den einer ein­zi­gen Sau bedurf­te es den Frucht­ertrag von 25 Eichen. Laub dien­te als Streu im Stall. Stroh war als Unter­la­ge zu wert­voll, weil es als Tier­fut­ter, für die Dach­be­de­ckung oder bei­spiels­wei­se als Schlaf- oder Sitz­pols­te­rung her­hal­ten muss­te. Teils wur­de Ober­bo­den aus dem Wald in Soden (Plag­gen) abge­sto­chen und im Stall aus­ge­legt und im Früh­jahr mit den Aus­schei­dun­gen der Tie­re ver­mischt als Dün­ger aufs Feld gebracht.

Das wich­tigs­te Pro­dukt des Wal­des bestand im Nutz­holz. Es fand sei­nen Ein­satz als Brenn­stoff, dann beim Bau von Werk­zeu­gen und Gebäu­den. Sta­tis­tisch lässt sich errech­nen, dass die etwa 33.040 im Jah­re 1836 im Her­zog­tum West­fa­len vor­han­de­nen Haus­hal­te über 385.000 m3 an Brenn­holz benö­tig­ten. Ande­re Ver­brau­cher des Hol­zes waren Köh­le­rei­en, wel­che die Holz­koh­le lie­fer­ten, die zur Erzeu­gung der not­wen­dig hohen Tem­pe­ra­tu­ren zur Eisen­erz-Ver­ar­bei­tung unab­ding­bar war. Das Zeit­al­ter der Metal­le (Bron­ze, Eisen) ist somit nicht denk­bar ohne die Holz- resp. Wald­nut­zung. Dass auch dafür Unmen­gen an Bäu­men gefällt wur­den, macht das Ver­hält­nis deut­lich: Für einen Gewichts­an­teil Roh­ei­sen wur­den ca. 25 Gewichts­an­tei­le Holz benö­tigt. Ein Erlass des hes­si­schen Groß­her­zogs Lud­wig beschreibt 1810 in der Ein­lei­tung einen deso­la­ten Zustand des Wal­des im Amt Olpe und begrün­det dadurch neue Vor­schrif­ten zur Bewirt­schaf­tung: „Der größ­te Teil der Wal­dun­gen in Unse­rem Amte Olpe ist durch Tei­lung in klei­ne Stü­cke, durch forst­wirt­schaft­li­che Behand­lung, durch Man­gel am Forst­schutz und durch unge­re­gel­te Wei­de­be­rech­ti­gun­gen ver­wüs­tet, und unab­seh­ba­res Elend droht die­ser Gegend, deren Sub­sis­tenz so sehr von der Holz­kul­tur abhän­gig ist, wenn nicht unver­züg­lich zweck­mä­ßi­ge Gegen­mit­tel ergrif­fen wer­den.“ Die­ser Aus­beu­tung des Wal­des durch „holz­fres­sen­de Gewer­be“ ver­such­te man Wald­nut­zungs­ord­nun­gen mit Beschrän­kun­gen der Pro­duk­ti­ons­zei­ten der Betrie­be sowie Holz­koh­le­sper­ren bei­zu­kom­men.

In der Neu­zeit wur­de das Holz nicht mehr unmit­tel­bar zur Ver­ar­bei­tung des Eisen­er­zes gebraucht, spiel­te aber wei­ter­hin eine wich­ti­ge Rol­le bei­spiels­wei­se als Stem­pel in der Mon­tan­in­dus­trie beim Stol­len­bau zur För­de­rung von Eisen­erz und Koh­le. Der Bedarf ent­spre­chen­der Baum­ar­ten im Berg­bau bestimm­te den Anbau von pas­sen­den Höl­zern (Fich­te, Kie­fer) in den umlie­gen­den Regio­nen. Es begann in Süd­west­fa­len der „Sie­ges­zug der Fich­te als Brot­baum“ und mit ihr die Umwand­lung des Wal­des zu einem Holz­pro­duk­ti­ons­wald, der mit sei­nen Mono­kul­tu­ren das hei­mi­sche Land­schafts­bild stark ver­än­der­te. Die­se Art des Wal­des führ­te und führt aller­dings dazu, dass in Fol­ge von Sturm­schä­den, Tro­cken­heit und Bor­ken­kä­fer­be­fall der Fich­te der Boden gera­de­zu unter den Füßen weg­ge­zo­gen wur­de und die Natur Süd­west­fa­lens zur Zeit von Kahl­flä­chen geprägt wird.

Der Schwer­punkt bei der Aus­spra­che im Anschluss an den Vor­trag lag auf der drän­gen­den Fra­ge nach der Zukunft des Wal­des im Sau­er­land und dabei vor allem auf der heiß dis­ku­tier­ten Fra­ge nach dem zukünf­ti­gen „Brot­baum“ der Forst­wirt­schaft. Genannt wur­den Dou­gla­sie, Küs­ten­tan­ne, aber auch Laub­bäu­me wie zum Bei­spiel die Ess­kas­ta­nie. Es ergab sich näm­lich die güns­ti­ge Situa­ti­on, dass sich im Zuhö­rer­kreis Fach­leu­te aus der Forst­wirt­schaft befan­den, wel­che die Fra­gen zur Anbau­ver­än­de­rung im Sau­er­land aus ihrer Kennt­nis erläu­tern konn­ten.

Nach der Ver­an­stal­tung mit Prof. Baa­les (LWL Olpe) war die­ser Vor­trag ein gelun­ge­ner Abschluss zum Jah­res­the­ma „Wald“ des Kreis­hei­mat­bun­des 2022.

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