Donnerstag, 21. November 2024

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Mensch und Wald – ein gespanntes Verhältnis

Gut 100 gespannte Zuhörerinnen und Zuhörer nahm der Historiker Dr. Bernward Selter (Wald und Holz NRW, Zentrum für Wald und Holzwirtschaft) am 14. April bei seinem Vortrag im KulturBahnhof Grevenbrück mit auf eine informative Zeitreise zur Entwicklung des Waldes im westfälischen Raum.

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Förster Lorenz Lüke-Sellhorst (mit Mikro links), Kreisheimatpflegerin Susanne Falk und Dr. Selter bei der Aussprache im Anschluss an den Vortrag (Bild: Andrea Arens)

Seine wesentliche These zum Aspekt der Nachhaltigkeit bei der Nutzung des Waldes lautete ernüchternd: Weder im Mittelalter noch in der Neuzeit gab es diese Nachhaltigkeit, da der Mensch den Wald als Lebens- und Wirtschaftsraum rigoros ausnutzte. In den früheren Jahren verhinderte vor allem die Einheit von Land- und Forstwirtschaft eine nachhaltige Bewirtschaftung.

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Dr. Selter während seines Vortrags im Kulturbahnhof Grevenbrück (Bild: Andrea Arens)

„Der Wald war wie leergefegt.“ So ein Fazit von Dr. Bernward Selter. Alles, was der Wald hergab, wurde vom Menschen in Anspruch genommen. Man spricht deshalb geradezu von einem ‚hölzernen Zeitalter‘. Es begann mit dem Wald als Viehweide. Laub und Knospen wanderten in die Tiermägen und besonders die Eicheln waren für die Schweinemast unentbehrlich. Für das Fettwerden einer einzigen Sau bedurfte es den Fruchtertrag von 25 Eichen. Laub diente als Streu im Stall. Stroh war als Unterlage zu wertvoll, weil es als Tierfutter, für die Dachbedeckung oder beispielsweise als Schlaf- oder Sitzpolsterung herhalten musste. Teils wurde Oberboden aus dem Wald in Soden (Plaggen) abgestochen und im Stall ausgelegt und im Frühjahr mit den Ausscheidungen der Tiere vermischt als Dünger aufs Feld gebracht.

Das wichtigste Produkt des Waldes bestand im Nutzholz. Es fand seinen Einsatz als Brennstoff, dann beim Bau von Werkzeugen und Gebäuden. Statistisch lässt sich errechnen, dass die etwa 33.040 im Jahre 1836 im Herzogtum Westfalen vorhandenen Haushalte über 385.000 m3 an Brennholz benötigten. Andere Verbraucher des Holzes waren Köhlereien, welche die Holzkohle lieferten, die zur Erzeugung der notwendig hohen Temperaturen zur Eisenerz-Verarbeitung unabdingbar war. Das Zeitalter der Metalle (Bronze, Eisen) ist somit nicht denkbar ohne die Holz- resp. Waldnutzung. Dass auch dafür Unmengen an Bäumen gefällt wurden, macht das Verhältnis deutlich: Für einen Gewichtsanteil Roheisen wurden ca. 25 Gewichtsanteile Holz benötigt. Ein Erlass des hessischen Großherzogs Ludwig beschreibt 1810 in der Einleitung einen desolaten Zustand des Waldes im Amt Olpe und begründet dadurch neue Vorschriften zur Bewirtschaftung: „Der größte Teil der Waldungen in Unserem Amte Olpe ist durch Teilung in kleine Stücke, durch forstwirtschaftliche Behandlung, durch Mangel am Forstschutz und durch ungeregelte Weideberechtigungen verwüstet, und unabsehbares Elend droht dieser Gegend, deren Subsistenz so sehr von der Holzkultur abhängig ist, wenn nicht unverzüglich zweckmäßige Gegenmittel ergriffen werden.“ Dieser Ausbeutung des Waldes durch „holzfressende Gewerbe“ versuchte man Waldnutzungsordnungen mit Beschränkungen der Produktionszeiten der Betriebe sowie Holzkohlesperren beizukommen.

In der Neuzeit wurde das Holz nicht mehr unmittelbar zur Verarbeitung des Eisenerzes gebraucht, spielte aber weiterhin eine wichtige Rolle beispielsweise als Stempel in der Montanindustrie beim Stollenbau zur Förderung von Eisenerz und Kohle. Der Bedarf entsprechender Baumarten im Bergbau bestimmte den Anbau von passenden Hölzern (Fichte, Kiefer) in den umliegenden Regionen. Es begann in Südwestfalen der „Siegeszug der Fichte als Brotbaum“ und mit ihr die Umwandlung des Waldes zu einem Holzproduktionswald, der mit seinen Monokulturen das heimische Landschaftsbild stark veränderte. Diese Art des Waldes führte und führt allerdings dazu, dass in Folge von Sturmschäden, Trockenheit und Borkenkäferbefall der Fichte der Boden geradezu unter den Füßen weggezogen wurde und die Natur Südwestfalens zur Zeit von Kahlflächen geprägt wird.

Der Schwerpunkt bei der Aussprache im Anschluss an den Vortrag lag auf der drängenden Frage nach der Zukunft des Waldes im Sauerland und dabei vor allem auf der heiß diskutierten Frage nach dem zukünftigen „Brotbaum“ der Forstwirtschaft. Genannt wurden Douglasie, Küstentanne, aber auch Laubbäume wie zum Beispiel die Esskastanie. Es ergab sich nämlich die günstige Situation, dass sich im Zuhörerkreis Fachleute aus der Forstwirtschaft befanden, welche die Fragen zur Anbauveränderung im Sauerland aus ihrer Kenntnis erläutern konnten.

Nach der Veranstaltung mit Prof. Baales (LWL Olpe) war dieser Vortrag ein gelungener Abschluss zum Jahresthema „Wald“ des Kreisheimatbundes 2022.

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