Die Tagung der Kreissynode des Ev. Kirchenkreises Lüdenscheid-Plettenberg im Ev. Gymnasium Meinerzhagen am 10. November, war das ersten Präsenztreffen nach zwei digitalen Synoden in diesem Jahr. Entsprechende Vorsichtsmaßnahmen, mit Blick auf die
Gesundheit der Synodalen, standen somit im Fokus der Organisation. So wurde die Synode nicht nur unter der 3G-Regelung, sondern mit einem zusätzlichen Schutzkonzept durchgeführt.
Trotz neuem Tagungsort, zentrale Herausforderungen bleiben bestehen: So wurde unter den Synodalen die Freigabe von Pfarrstellen durch die Landeskirche sehr stark diskutiert. Denn mit Blick in die Zukunft zu dieser Thematik, kommen viele Fragen und Sorgen auf: Ändert sich an den Leitlinien, die von der Landessynode im Sommer bestätigt worden sind, nichts, werden von den
zurzeit 36 Gemeindepfarrstellen und zwölf Funktionspfarrstellen nur noch wenige übrig bleiben. Für die jüngeren Pfarrer wie Steffen Pogorzelski und Simon Schupetta sind dies besorgniserregende Aussichten. „Es könnte sein, dass ich ab 2031 für mehr als 5000 Menschen zuständig bin“, gab Pogorzelski zu bedenken.
Die aktuellen Vorgaben der Landeskirche seien nicht etwa auf finanzielle Gründe zurückzuführen, hatte Superintendent Dr. Christof Grote zuvor in seinem Bericht erläutert. Ausschlaggebend sei der eklatante Nachwuchsmangel.
Im Bereich der Ev. Landeskirche von Westfalen entscheiden sich nur noch sehr wenige junge Theologinnen und Theologen für den Pfarrdienst einer Gemeinde. Dazu kommt eine Pensionierungswelle. Sie erreicht in den nächsten Jahren ihren Höhepunkt. Allein in diesem Jahr sind zwei Pfarrer in den Ruhestand gegangen. Eine Pfarrerin ist zudem auf eine Stelle in den Kirchenkreis Gütersloh gewechselt.
Diese Entwicklung setzt sich in den nächsten Jahren fort. Vor diesem Hintergrund hat die Landeskirche beschlossen, bis zum Jahr 2025 Pfarrstellen einer Gemeindegliederzahl ab 3000 Menschen freizugeben. Ab 2026 erhöht sich der Schlüssel voraussichtlich auf 4000 Gemeindeglieder und voraussichtlich ab dem Jahr 2031 soll eine Pfarrstelle für 5000 Gemeindeglieder zuständig sein.
Ziel ist es so, die pastorale Grundversorgung flächendeckend sicherzustellen. Sogenannte ‚interprofessionelle Teams‘, bestehend aus Gemeindepädagoginnen und -pädagogen sowie anderen Berufsgruppen und Ehrenamtliche sollen die Geistlichen unterstützen. So soll weiterhin ein lebendiges Gemeindeleben ermöglicht werden.
Der Lüdenscheider Pfarrer Sebastian Schulz sieht keine Alternative zu diesen Leitlinien und dem Einsatz der interprofessionellen Teams. „Sie sind unsere einzige Chance und ein großer Wurf für die Landeskirche“, sagte er.
Verschiedene Redner warfen der Landeskirche dagegen Versäumnisse bei der Nachwuchsgewinnung vor. Andere Landeskirchen würden angehende Theologinnen und Theologen weitaus stärker unterstützen. „Die Landeskirche zieht sich aus der Fläche zurück und arbeitet an den Austritten von morgen“, kritisierte der Neuenrader Kirchmeister Ralf Bohnert. Er formulierte schließlich einen Antrag, nach dem der Schlüssel von 3000 Gemeindegliedern dauerhaft beibehalten werden solle. Nur so könnten die Strukturen der Gemeinde beibehalten werden. Der Pfarrer behalte so seine Position als fester Bezugspunkt. Ralf Bohnert fürchtet, dass die interprofessionellen Teams diese Aufgabe nicht erfüllen können.
Sein Antrag, der Landessynode diese Forderung zu unterbreiten, wurde allerdings mehrheitlich abgelehnt. Assessor Martin Pogorzelski warnte vor „Schnellschüssen“. Die Kreissynode müsse klare Visionen zu diesem Thema entwickeln. Das brauche Sorgfalt und Zeit. Auch Superintendent Grote teilte diese Meinung: „Der Antrag ist nicht inhaltlich abgelehnt worden. In der Sache sind wir uns in der Kreissynode einig. Aber eine reine Forderung wird jetzt nicht ausreichen. Wir müssen hier Lösungswege entwickeln und dann vorschlagen. Nur so hat ein Antrag auch die Möglichkeit auf der Landessynode Änderungen zu bewirken. Und diese Lösungswege wollen wir sehr gut überlegt vorbereiten.“ Voraussichtlich werden die Leitlinien zur Pfarrstellenfreigabe damit
Schwerpunktthema der nächsten Sommersynode des Kirchenkreises werden.
Weniger Geld für die Gemeinden
Die Kreissynode verabschiedete Haushaltplan 2022 der Finanzausgleichskasse und den Haushaltsplan des Kirchenkreises einstimmig. Im nächsten Jahr werden die Erträge von rund 11,492 Millionen Euro voraussichtlich leicht über den Aufwendungen von 11.414 Millionen Euro liegen. Das Jahresergebnis von 77.500 Euro soll dem Eigenkapital zugeschlagen werden.
Gerta Bappert, Vorsitzende des Finanzausschusses, versah ihren Vortrag mit mahnenden Worten. „Dass Sie sparen müssen, wissen Sie“, erinnerte sie die Synodalen an ihre Verantwortung. Sie warb auch darum, sich der Umsetzung des neuen kirchlichen Finanzmanagements mit vollem Engagement zu stellen. Es werde mehr Transparenz in die Entwicklung der Einnahmen und
Ausgaben bringen. „Die Zeit der vielen Töpfchen ist jetzt vorbei“, sagte Gerta Bappert.
Der Haushalt des Kirchenkreises kann nur durch eine Verminderung des Eigenkapitals ausgeglichen werden. Hier liegen die Erträge von rund 5,167 Millionen Euro um 141.445 Euro unter den Aufwendungen. Bernd Göbert, Verwaltungsleiter des Kreiskirchenamtes, wies darauf hin, dass in den Aufwendungen Abschreibungsbeträge in Höhe von 57.940 Euro enthalten sind.
Die 23 Gemeinden werden im kommenden Jahr mit 8,327 Millionen Euro 460.000 Euro weniger Zuweisungen erhalten als im laufenden Jahr. Dieser Rückgang wird leicht abgemildert, weil die Gemeinden rückwirkend aus Kirchensteuermehreinnahmen im Jahr 2020 rund 283.00 Euro erhalten.
Unter dem Strich erhält die Finanzgemeinschaft im Kirchenkreis rückwirkend für das vergangene Jahr eine erhöhte Kirchensteuerzuweisung von 725.592 Euro. Nach den Vorgaben der Finanzsatzung zur Verteilung der Kirchensteuereinnahmen verbleiben davon 624.736 zur weiteren Verwendung. 62.000 Euro davon werden für diakonisch-missionarische Zwecke zur Verfügung gestellt. 60.000 Euro werden zur Finanzierung der Arbeit zur Prävention gegen sexualisierte Gewalt für die Jahre 2021 und 2022 zur Verfügung gestellt. 223.00 Euro fließen in den Baufonds der Finanzausgleichkasse.
Digitale Formate für alle Gremien
„Kirche kann digital.“ In diesem Satz steckt viel Selbstbewusstsein. Superintendent Christof Grote brachte bei der Synode in Meinerzhagen auf den Punkt, was im Kirchenkreis seit Beginn der Corona-Pandemie geleistet worden ist. Zwei digitale Synoden, ungezählte Zoom-Konferenzen, digitale Gruppentreffen, Konfirmandenunterricht am Bildschirm, Abstimmungen im
Umlaufverfahren und natürlich eine Vielzahl an Livestream-Gottesdiensten und weiteren digitalen Angeboten seien der Beweis dafür, dass der Kirchenkreis und seine Kirchengemeinden die Herausforderungen der Corona-bedingten Einschränkungen gut gemeistert haben.
Vor diesem Hintergrund wollen die Landeskirche den Leitungsgremien in den Kirchenkreisen und Gemeinden künftig mehr flexibles und kurzfristiges Arbeiten sowie mehr digitale Formate ermöglichen. „Es muss also nicht sein, dass mehrere Personen in einem Raum zusammenkommen müssen, um etwas zu beschließen“, erläuterte der Superintendent.
Bislang ließ die Kirchenordnung digitale Formate für Gremienarbeit nur auf Grundlage des Pandemie-Gesetzes zu. Jetzt soll sie geöffnet werden. Dazu dienen die vorgeschlagene 73. Änderung der Kirchenordnung sowie die vorgeschlagene 9. Änderung der Geschäftsordnung der Landessynode. „So sollen Verfahren ermöglicht werden, die sich in der Pandemiezeit bewährt haben“, erklärte der Superintendent. Dies sei auch der Wunsch zahlreicher Gemeinde gewesen.
Zu den entsprechenden Änderungen hat die Landeskirche ein Stellungnahmeverfahren eingeleitet. Die Kreissynode sprach sich mit großer Mehrheit bei zwei Gegenstimmen und drei Enthaltungen für die vorgeschlagenen Erweiterungen der Kirchenordnung aus.
Der Kirchenkreis selbst will in absehbarer Zukunft aber auch neben dem Verwaltungsbereich noch deutlich digitaler werden. Geplant ist unter anderem den „Social Media“-Bereich auszubauen und so noch mehr Menschen mit Angeboten und Informationen aus dem Kirchenkreis und den Gemeinden zu erreichen.
Superintendent Grote hofft auf Kultur der Achtsamkeit
Der Kirchenkreis Lüdenscheid-Plettenberg setzt Schritt für Schritt das neue Kirchengesetz zum Schutz vor sexualisierter Gewalt um. Superintendent Dr. Christof Grote erläuterte der Synode den aktuellen Stand des Verfahrens.
Danach befinden sich Andrea Becker und Monika Triffo noch bis Anfang Dezember in der von der Landeskirche vorgeschriebenen Schulung. Beide sind Mitarbeiterinnen der Lüdenscheider Suchtberatungsstelle. Sie werden als Multiplikatorinnen für die Schulungen tätig sein. Beide werden von Rendel Simon, Leiterin der Psychologischen Beratungsstelle in Lüdenscheid,
unterstützt. Jutta Tripp hat im Juli ihre Arbeit als Präventionskraft aufgenommen und sich entsprechend fortgebildet. „Sie bietet allen Presbyterien und Einrichtungen an, über den Verfahrensweg des Kirchengesetzes mit den einzelnen Schritten zur Umsetzung zu berichten“, sagte Dr. Christof Grote. Dabei werde sie von Kerstin Rentrop unterstützt.
Die erforderlichen erweiterten Führungszeugnisse von allen Angestellten sowie Pfarrerinnen und Pfarrern seien bereits angefordert worden. Die Gemeinden hätten inzwischen begonnen, die in ihrem Bereich tätigen Ehrenamtlichen zu benennen, diese um die Vorlage eines erweiterten Führungszeugnisses zu bitten und zu den Schulungen anzumelden. Die ersten Schulungen, so Dr.
Christof Grote, sollen im Dezember in der Kirchengemeinde Brügge starten.
„Insgesamt liegt hier ein großes Arbeitsfeld vor uns, das uns über einen langen Zeitraum sehr intensiv und dann als andauernde Pflichtaufgabe fordert und fordern wird“, betonte der Superintendent. Er hoffe, dass so die Kirchen und Gemeindehäuser zu sicheren Orten würden und eine Kultur der Achtsamkeit etabliert werden könne.
@EKKLP