Kevin Jürgens will Mut machen: „Niemand sucht sich aus, krank zu werden!“
Kevin Jürgens strahlt, wenn er von seinem neuen Arbeitsalltag in der Elektromontage berichtet. Ein Alltag, der vor gar nicht allzu langer Zeit noch unmöglich schien. Der 33-Jährige stand einst als CNC-Fräser und Maschineneinrichter fest im Berufsleben – bis ihn eine schwere Depression aus der Bahn warf. Diese hatte ihn bereits seit Kindheitstagen begleitetet, wurde aber nicht diagnostiziert. „Es war der große Knall“, sagt er offen. „Ich war nicht mehr leistungsfähig, mein Leben stand still.“ Nach Jahren der Therapie, des Rückzugs und einer schmerzhaften Orientierungslosigkeit fand der 33-jährige den Weg zurück – Schritt für Schritt, begleitet von Fachleuten und getragen von neuen Perspektiven und wachsendem Selbstvertrauen. Seit September 2024 ist Kevin Jürgens Teilnehmer der Beruflichen Bildung der Werthmann-Werkstätten. Aktuell arbeitet er in der Elektromontage der Abteilung Olpe. Für ihn kein Rückschritt, sondern ein Aufbruch: „Ich erlebe hier Anerkennung und Vertrauen, das gibt mir Kraft. Die Werkstatt ist mein Sprungbrett zurück ins Berufsleben.“
Teilhabe statt Ausgrenzung – Perspektive statt Stillstand
Die Werthmann-Werkstätten des Caritasverbandes Olpe stehen für Teilhabe und vielfältige berufliche Perspektiven für junge oder berufserfahrene Menschen, die nach Krankheit und persönlichen Krisen einen neuen Start suchen. „Unser Ziel ist es, Arbeit möglich zu machen“, betont Achim Scheckel, Abteilungsleiter in Olpe. „Wir helfen bei der Stabilisierung der Gesundheit und unterstützen gezielt bei der Rückkehr auf den allgemeinen Arbeitsmarkt.“
Ein zentraler Baustein auf diesem Weg sei auch die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit starken Partnern aus Dienstleistung, Industrie und Handwerk. „Diese Mischung aus individuell begleitenden Bildungsangeboten und hochwertigen Auftragsarbeiten kann für die Menschen hier ein Türöffner in eine selbstbestimmte berufliche Zukunft sein“, bringt es Abteilungsleiter Achim Scheckel auf den Punkt. So entstehen oftmals Außenarbeitsplätze oder Möglichkeiten für Praktika und Weiterbildungen mit Praxisbezug – maßgeschneidert für jeden einzelnen.
Ein Paradebeispiel für die erfolgreiche Zusammenarbeit ist die langjährige Kooperation mit der Firma EMG-Automation aus Wenden. Jüngst absolvierten Kevin Jürgens und weitere sieben interessierte Beschäftigte einen Löt-Schulung in der hauseigenen Elektrolehrwerkstatt, der ihnen wichtige Grundkenntnisse vermittelte und sie auf komplexere Montagearbeiten vorbereitete.
Starke Partnerschaften helfen bei Entwicklung
Dank verlässlicher Partner wie der EMG gelinge es, persönliche Entwicklung, Bildung und hochwertige Arbeit zu verbinden. „Ein Gewinn für alle“, bestätigt Achim Scheckel, denn: „Unsere Beschäftigten werden gestärkt und erlernen neue Fertigkeiten, während die Unternehmen exzellente Auftragsergebnisse in bewährter Qualität erhalten.“
Dem Abteilungsleiter ist es wichtig, zu betonen, dass die Werkstätten für Menschen mit Behinderung keine Einbahnstraße sind: „Mit gezielten Maßnahmen und durch die Unterstützung von Jobcoaches der Abteilung eXtern erarbeiten wir gemeinsam, welcher Weg für jeden einzelnen Beschäftigten realistisch ist – und wie er beschritten werden kann.“ Kevin Jürgens hat seinen Weg gefunden und durch die tägliche Arbeit seine Selbstwirksamkeit zurückerlangt: „Die Werkstatt nimmt mich an die Hand – ohne mich zu überfordern. Ich werde ernst genommen. Menschen, denen es ähnlich geht, möchte ich Mut machen, so dass sie ihre Scham verlieren und kleine Schritte zurück ins (Arbeits-)leben wagen. Wir haben uns schließlich nicht ausgesucht, krank zu werden“, so der 33-jährige nachdrücklich. „Aber ich kann entscheiden, wie ich damit umgehe.“
Seine Arbeit in der Werkstatt und nicht zuletzt auch der Löt-Schulung bei der EMG verdeutlichen dem Olper, dass er in dem zukunftssicheren Berufszweig der Elektromontage Fuß fassen möchte. „Es ist toll zu sehen, wie unsere gefertigten Spulen, Kabelsätze und –konfektionen und viele weitere Artikel im Unternehmen vor Ort weiterverarbeitet werden und ich mir Arbeitsschritte wieder Stück für Stück selbst erarbeiten kann“, so Kevin Jürgens stolz.
Berufliche Teilhabe, Wertschätzung und Chancen. Dafür stehen die Werthmann-Werkstätten. Für Unternehmen und die Gesellschaft. Und nicht zuletzt für Menschen wie Kevin Jürgens.
Infokasten:
Praxistag: Am 13.05. können alle, die aufgrund einer psychischen Erkrankung derzeit keiner Arbeit nachgehen können, im Zeitraum von 10:00 Uhr bis 14:00 Uhr, einen unverbindlichen Einblick in die Werkstätten in Olpe und Welschen Ennest erhalten. Interessierte können am Praxistag Fragen stellen – oder auch „nur gucken“.