Dienstag, 01. April 2025

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Kir­chen­ge­mein­de Atten­dorn-Len­ne­stadt muss drei Kir­chen auf­ge­ben

Dass es in den letz­ten Jah­ren immer wie­der Kir­chen­schlie­ßun­gen mit einer anschlie­ßen­den Umwid­mung gab und noch gibt, dar­an hat man sich inzwi­schen schon gewöhnt. Aber was zur Zeit in der evan­ge­li­schen Kir­chen­ge­mein­de Atten­dorn-Len­ne­stadt pas­siert, scheint doch unge­wöhn­lich zu sein: Gleich drei Kir­chen sol­len zu Beginn des neu­en Kir­chen­jah­res zumin­dest nicht mehr in Gemein­de­hand betrie­ben wer­den. Ob und inwie­weit eine wei­te­re Nut­zung außer­halb der Kir­chen­ge­mein­de gefun­den wird, dar­über macht sich das Pres­by­te­ri­um zur Zeit gro­ße Gedan­ken.

Die Kir­chen­ge­mein­de ist die größ­te Gemein­de im Kir­chen­kreis Lüden­scheid-Plet­ten­berg und umfasst rund 500 Qua­drat­ki­lo­me­ter Flä­che und ist die ein­zi­ge Dia­spo­ra-Gemein­de im Kir­chen­kreis. Sie hat­te bei ihrer Grün­dung am 1. Janu­ar 2020 unge­fähr 9 000 Gemein­de­glie­der. Für die­se wären ins­ge­samt fünf Pfar­rer und eine Pfar­re­rin zustän­dig gewe­sen. Inzwi­schen (Stand 1. April 2025) sei­en nur noch zwei Pfar­rer in der Gemein­de tätig, die auch eine nicht uner­heb­lich klei­ne­re Anzahl von Gemein­de­glie­dern betreu­en müss­ten, so der Vor­sit­zen­de des Pres­by­te­ri­ums Lars Kirch­hoff in der neus­ten Aus­ga­be des Gemein­de­brie­fes „Ein­bli­cke“.

Auf­grund der gestie­ge­nen Kos­ten, der gerin­ger wer­den­den finan­zi­el­len Mit­tel und der gesun­ke­nen Zahl der Pfar­rer sei man vom Kir­chen­kreis auf­ge­for­dert wor­den, die Gebäu­de­nut­zung anzu­pas­sen, so Lars Kirch­hoff. Zwar habe man in den Gemein­de­ver­samm­lun­gen Anfang Janu­ar in den Bezirks­ge­mein­den gute Gesprä­che mit den Gemein­de­glie­dern geführt und auch zahl­rei­che Anre­gun­gen mit­ge­nom­men, aber für das Pro­blem der Gebäu­de sei lei­der kei­ne Lösung gefun­den wor­den.

So war das Pres­by­te­ri­um letzt­end­lich gezwun­gen schwe­ren Her­zens eine tief ein­schnei­den­de Ent­schei­dung zu tref­fen: Die Gna­den­ka­pel­le in Fret­ter, die Emma­us-Kir­che in Wür­ding­hau­sen und die Frie­dens­kir­che in Atten­dorn-Peters­burg wer­den wohl bis zum Ende die­ses Kir­chen­jah­res geschlos­sen wer­den. Die Suche nach neu­en Ein­satz­mög­lich­kei­ten und/oder die Ver­mark­tung die­ser Gebäu­de wird von den Mit­glie­dern der jewei­li­gen Bezirks­aus­schüs­se über­nom­men.

gnadenkapelle fretter 2

Wenn zum 1. Advent 2025 die Gna­den­ka­pel­le in Fret­ter geschlos­sen wird, geht eine 72jährige Zeit von Got­tes­diens­ten in der eige­nen Kir­che zu Ende. Nach dem zwei­ten Welt­krieg stieg die Zahl der „Luther­schen“ im Fret­ter­tal sprung­haft auf rund 550 Per­so­nen an, die sich vier­zehn­täg­lich in einem Klas­sen­zim­mer der katho­li­schen Volks­schu­le zum Got­tes­dienst tra­fen. Anfang der 50er Jah­re des vori­gen Jahr­hun­derts gelang es der Kir­chen­ge­mein­de Fin­nen­trop in Fret­ter ein Bau­grund­stück zu erwer­ben, um eine klei­ne Kapel­le zu errich­ten. Nach Fer­tig­stel­lung der Pla­nung leg­ten sich vie­le Gemein­de­glie­der „ins Zeug“. So schrit­ten die Bau­ar­bei­ten zügig vor­an. Bereits am 1. Mai 1953 konn­te der Grund­stein gelegt wer­den und am 11. Juni fei­er­te man das Richt­fest. Wegen der hohen Eigen­leis­tun­gen belie­fen sich die Bau­kos­ten nur auf 90 000 DM, an denen sich das Gus­tav-Adolf-Werk betei­lig­te. Die Kapel­le, auf einer Anhö­he gele­gen, wur­de schnell zu einem Blick­punkt in Fret­ter. Heu­te schaut sie nicht mehr als ein­sa­me Kapel­le still ins Tal hin­ab; sie ist inzwi­schen ein­ge­glie­dert in die Wohn­haus-Neu­bau­ten, die Schu­le und den Kin­der­gar­ten im Dorf.

Mit ihrer Schlie­ßung ist ab dem 1. Advent 2015 dann kei­ne evan­ge­li­sche Pre­digt­stät­te mehr im gesam­ten Fret­ter­tal.

emmaus kirche wurdinghausen 1

Auch mit der Schlie­ßung der Emma­us-Kir­che in Wür­ding­hau­sen geht der ein­zi­ge zen­tra­le Anlauf­punkt der Evan­ge­li­schen im Hun­dem­tal ver­lo­ren. Ihr Grund­stein wur­de am 21. Sep­tem­ber 1958 gelegt. Schon drei Mona­te spä­ter konn­te das Richt­fest gefei­ert wer­den. Ein Jahr nach der Grund­stein­le­gung wur­de die Kir­che am 13. Sep­tem­ber fei­er­lich ein­ge­weiht. Die Kir­che gilt mit sei­ner Bestuh­lung von 150 Sitz­plät­zen bis heu­te als Mehr­zweck­ge­bäu­de. Sie ist mit heu­te nicht mehr genutz­ten Jugend­räu­men im Turm, einer Küche und den ent­spre­chen­den Toi­let­ten im Kel­ler aus­ge­stat­tet und galt lan­ge in der Regi­on als Mus­ter­bau für eine Mehr­zweck­kir­che, die auch als Gemein­de­haus genutzt wer­den kann. Das Kir­chen­schiff ist durch Abtren­nung des Chor­rau­mes mit­tels eines Vor­han­ges als Gemein­de­saal zu ver­wen­den. Ein ange­bau­ter Raum wird mit einer Durch­rei­che zur Küche als Gemein­de­raum genutzt.

friedenskirche 9

Die Jüngs­te unter den zu schlie­ßen­den Kir­chen ist die Frie­dens­kir­che in Atten­dorn-Peters­burg. Sie wur­de Pfingst­sonn­tag 1971 vom dama­li­gen Prä­ses der Evan­ge­li­schen Kir­che von West­fa­len, D. Hans Thim­me, fei­er­lich ein­ge­weiht.

Es gab im Ihn­etal schon immer eine grö­ße­re Zahl von Evan­ge­li­schen, aber die Got­tes­diens­te fan­den seit dem Ende des zwei­ten Welt­krie­ges zu nächst in der klei­nen evan­ge­li­schen Schu­le in Peters­burg statt. Zuvor hat­ten sich die Gläu­bi­gen in Alt-Lis­ter­nohl im Wohn­zim­mer der Fami­lie Gajew­ski zum sonn­täg­li­chen Got­tes­dienst getrof­fen.

Danach stell­te die Fir­ma Schemm in Papier­müh­le einen eige­nen Schul­raum zur Ver­fü­gung, bevor die Gemein­de im Flur der neu errich­te­ten „Evan­ge­li­schen Volks­schu­le Ihn­etal“ ab Dezem­ber 1963 ihre Got­tes­diens­te abhal­ten konn­te. Auch hier zeig­te sich die Fir­ma Schemm wie­der groß­zü­gig und stif­te­te die für die Got­tes­diens­te not­wen­di­ge Bestuh­lung.

All das war jedoch nur ein Pro­vi­so­ri­um; denn schon lan­ge hat­ten die Ihn­eta­ler den Bau einer klei­nen Kapel­le geplant und schon 1956 ein Bau­grund­stück von der Fami­lie Lah­me erwor­ben. 1960 grün­de­te sich der „Evan­ge­li­scher Kapel­len­bau­ver­ein e.V.“, des­sen Vor­sitz der lang­jäh­ri­ge Pres­by­ter Hel­mut Her­zog inne hat­te.

Schnell wur­de klar, dass es mit einer Kapel­le sein Bewen­den nicht haben konn­te. Die Gemein­de wuchs in die­sem Bezirk stark. Und auch nach dem Abzug der rund 1 000 Bau­ar­bei­ter an der Big­ge­tal­sper­re rech­ne­te man mit Urlau­bern rund um den See bei den Got­tes­diens­ten. So wur­de beschlos­sen, eine „rich­ti­ge“ Kir­che zu errich­ten.

Bereits 1969 konn­te der Super­in­ten­dent des Kir­chen­krei­ses Plet­ten­berg Otto Grün­berg den Grund­stein für die Frie­dens­kir­che legen.

Genau 2 Jah­re und 8 Tage spä­ter weih­te der dama­li­ge Prä­ses der Evan­ge­li­schen Lan­des­kir­che von West­fa­len D. Hans Thim­me die Kir­che ein, die mit ihrem einem Blei­stift­spit­ze ähneln­den Schie­fer gedeck­ten Glo­cken­turm schnell ein Wahr­zei­chen für Peters­burg wer­den soll­te.

Der Kir­chen­raum ist nur Teil der Bau­an­la­ge. Ein umschlos­se­ner Vor­hof ist mit ihm durch das Öff­nen der Schie­be­wän­de zu ver­bin­den. Er dient, wie auch der Gemein­de­raum, als Erwei­te­rung des Got­tes­dienstrau­mes, wenn bei som­mer­li­chem Wet­ter wegen des nahen Erho­lungs­ge­bie­tes ein grö­ße­rer Kreis am Got­tes­dienst teil­neh­men will, als in der Kir­che Platz fin­den kann. Gleich­zei­tig mag die­ser Hof die Gemein­de und beson­ders deren Jugend zum Spiel und Gespräch ermun­tern. Zwei Jugend­räu­me machen die Bau­an­la­ge zu einem ech­ten Begeg­nungs­zen­trum der Gemein­de, erläu­ter­te Archi­tekt Gerd Sau­er­zapf bei der Schlüs­sel­über­ga­be das Gebäu­de.

Durch die Schlie­ßung des gesam­ten Gebäu­des ist dann auch das Ihn­etal bis hin­auf nach Val­bert ohne evan­ge­li­sches Zen­trum.

Der Gemein­de blei­ben dann noch die Erlö­ser­kir­che in Atten­dorn, die Chris­tus­kir­che in Fin­nen­trop und die Kir­chen in Gre­ven­brück und Alten­hun­dem. (khe)

Alle Fotos: Karl-Her­mann Ernst

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