Mammografie im Fokus: Heike Hebborn, Fachärztin für Radiologie, spricht über die Abklärung unklarer Beschwerden im Bereich der Brust
Kurative Mammografie oder Mammografie-Screening? Auch wenn die eigentliche Diagnosetechnik dieselbe ist, gibt es einen großen Unterschied, was die Zielgruppe beider Angebote betrifft. Über diesen Unterschied klärt Heike Hebborn, Fachärztin für Radiologie in der MVZ-Praxis für Mammografie in der Kurfürst-Heinrich-Straße in Olpe, auf. Darüber hinaus geht Sie in der neuen Folge der Interview-Reihe „MedTalk“ der GFO Kliniken Südwestfalen unter anderem darauf ein, wie wichtig der sensible Umgang mit den Patientinnen ist.
Wie unterscheidet sich die in der Praxis in der Kurfürst-Heinrich-Straße angebotene kurative Mammografie vom Mammografie-Screening?
Das Mammografie-Screening ist ein Früherkennungsangebot im zweijährlichen Intervall ausschließlich für Frauen ohne Symptome zwischen 50 und 75 Jahren ohne Arztkontakt. Unser Angebot der kurativen Mammografie und auch Sonografie richtet sich an Frauen jeglichen Alters mit Abklärungswunsch bzw. mit unklaren Beschwerden im Bereich der Brust. Das können zum Beispiel neu aufgetretene Knoten, Schmerzen oder Flüssigkeitsaustritt aus der Brustwarze sein. Aber auch Frauen nach Brustkrebserkrankung kommen zu regelmäßigen Kontrollen zur kurativen Mammografie sowie Frauen, bei denen Brustkrebs familiär gehäuft auftritt. Männern mit unklaren Beschwerden im Bereich der Brust steht dieses Angebot zur Abklärung selbstverständlich ebenso offen.
Wie erhalten Patientinnen einen Termin für eine Mammografie?
Frauen erhalten einen Termin zur kurativen Mammografie über die Anmeldung der Mammografie-Praxis in der Kurfürst-Heinrich-Straße in Olpe. Termine können telefonisch, per E‑Mail-Anfrage, über Doctolib und natürlich auch persönlich vor Ort abgesprochen werden. Manchmal kontaktieren auch die behandelnden Frauenärzt:innen im Falle einer besonderen Dringlichkeit die Praxis, sodass sofort oder spätestens innerhalb weniger Tage ein Termin zur Untersuchung eines verdächtigen Befundes zur Verfügung gestellt wird. Notwendig zur Wahrnehmung eines Termins ist eine Überweisung zum Beispiel von Hausarzt/Hausärztin oder Frauenarzt/Frauenärztin.
Welche Abklärungsdiagnostik steht zur Verfügung?
Am häufigsten werden eine Ultraschalluntersuchung der Brust und die Mammografie angewandt. Die Mammografie ist eine Röntgenuntersuchung der Brust mit einer sehr niedrigen Strahlenbelastung. Bei der Untersuchung kommen moderne digitale Geräte zum Einsatz, die regelmäßigen Qualitätskontrollen unterliegen. Ergänzend wird nach der Mammografie oft noch eine Ultraschalluntersuchung der Brust durchgeführt, um zusätzliche Informationen bezüglich des unklaren und abzuklärenden Befundes zu erhalten. Wenn danach das Vorliegen von Brustkrebs nicht sicher ausgeschlossen werden kann, wird der Patientin eine Entnahme kleiner Proben aus dem unklaren Gewebe in der Brust empfohlen, die ambulant nach örtlicher Betäubung mit einer dünnen Nadel durchgeführt werden kann. Das kann zum Beispiel in Kooperation mit dem Brustzentrum hier im St. Martinus-Hospital Olpe unter der Leitung von Dr. Jürgen Schwickerath durchgeführt werden, sodass die betroffene Frau schnellstmöglich Klarheit über die Ursache und Behandlungsmöglichkeiten der Veränderung erhält. In Einzelfällen können auch mit Hilfe einer MRT wertvolle Zusatzinformationen gewonnen werden. In dem besonderen Fall von Flüssigkeitsabsonderungen aus der Brust wird eine gezielte, oft kaum spürbare Darstellung des betroffenen Milchgangs mit Kontrastmittel zur Ursachenklärung herangezogen.
Wie erklären Sie einer Patientin komplexe Diagnosen, insbesondere wenn es um potenziell beunruhigende Befunde wie Brustkrebs geht?
Frauen, die Veränderungen an der Brust bemerken, haben oft große Angst und sind verständlicherweise sehr beunruhigt. Sämtliche Fragen, die im Laufe der Abklärung unklarer Befunde entstehen, werden ehrlich beantwortet unter Berücksichtigung dessen, was zu dem jeweiligen Zeitpunkt an konkreten Aussagen möglich ist. Selbstverständlich nehmen wird uns im gesamten Team dafür viel Zeit und Ruhe mit Rücksicht auf die absolute Ausnahmesituation, in der sich die betroffene Frau befindet. Gemeinsam werden die Befunde besprochen, Abklärungswege erklärt, notwendige Termine für die Patientin vereinbart und auch die mittlerweile oft sehr guten Behandlungsmöglichkeiten aufgezeigt.
Welche Unterstützung erhalten die Patientinnen während der Diagnosephase?
Während der gesamten Diagnosephase erhält die Patientin Unterstützung durch unser hochqualifiziertes, sehr empathisches Team. Hierzu zählt insbesondere der respekt- und rücksichtsvolle Umgang mit der stark verunsicherten Frau und der möglichst behutsame professionelle Umgang mit ihrem Körper. Weitere Unterstützung wird durch leicht verständliche Erklärungen und Organisation weiterer Abklärungsschritte beziehungsweise Termine angeboten.
Wie stellen Sie sicher, dass klinische Befunde und Auffälligkeiten in der Bildgebung miteinander in Einklang stehen?
Eine Korrelation zwischen klinischen Befunden, beziehungsweise Beschwerden, Bildgebung in der Mammografie und Ultraschall wird während der gesamten Untersuchung in der Mammografie-Praxis überprüft. Selbstverständlich muss auch nach Erhalt des Ergebnisses einer ambulanten Probeentnahme (Biopsie) die Übereinstimmung mit der zuvor erfolgten Bildgebung nochmals überprüft werden. Fallen hierbei Diskrepanzen auf, ist selbstverständlich erneut eine Kontrolle und Überprüfung der vorliegenden Daten notwendig und vielleicht auch in Einzelfällen eine ergänzende operative Probeentnahme.
Wenn Sie unbegrenzte Ressourcen hätten, welche Optimierungen würden Sie sich im Verlauf der Abklärung unklarer Brustveränderungen wünschen?
Ich würde mir wünschen, dass Patientinnen mit möglicherweise belastenden Diagnosen direkt ab dem Verdacht den Anspruch und auch die reale Möglichkeit hätten, eine psychoonkologische Unterstützung in Anspruch zu nehmen, um nach Möglichkeit eine Traumatisierung zu vermeiden und dann mit weniger Angst und mehr Stabilität den notwendigen weiteren Weg gehen zu können.
Wie könnten Künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen Ihrer Meinung nach die Mammografie in den nächsten fünf bis zehn Jahren verändern?
Die Entwicklung neuer, moderner Technologien wird in Zukunft ganz gewiss den Arbeitsalltag der in der Brustdiagnostik tätigen Radiolog:innen bereichern und dabei hilfreich sein, komplexe Befundkonstellationen zu analysieren. Hierdurch könnte eine weiter optimierte Diagnosefindung und ‑sicherheit erlangt werden.