Nicht nur mit der Wiedereinführung der Krankenseelsorge knüpft die Helios Klinik Attendorn an seine christlichen Traditionen an. Ab Herbst finden wieder Gottesdienste in der Krankenhauskapelle statt.
„Wie geht es Ihnen?“
Was diese einfache Frage bei Menschen auslöst, die in einem Krankenhaus stationär behandelt werden müssen, erlebt Borka Marija Rippe jeden Montag. Die 40-Jährige eröffnet damit als seelsorgerische Patientenbegleiterin seit dem Frühsommer das Gespräch mit den Erkrankten. „Fast jeder entgegnet mir aus einem ersten Reflex heraus, dass alles gut sei. Aber bei vielen spüre ich gleich, es ist nicht so. Sie halten dann kurz inne und ringen um Kontrolle, aber dann sprudelt es aus Ihnen heraus“, berichtet Frau Rippe, die hauptberuflich als Pfarrsekretärin in Plettenberg arbeitet.
So wie die ältere Patientin, die nach anfänglichem Zögern der Fremden einfach erzählte, wie sehr es sie bedrückt, dass sie für ihre berufstätigen Kinder im Alter zu einer Belastung werden könnte – und diese darum nie an ihren Ängsten und Problemen teilhaben lässt. „Es tat der Dame sichtlich gut, dass da mal eine neutrale Person war, die einfach zugehört hat, ohne großartig zu werten oder Ratschläge zu erteilen. Und das ist es letztlich, worum es bei der Krankenhausseelsorge geht.“
Allein durch ihre Empathie und Zuhören tragen Krankenhausseelsorger also zur ganzheitlichen Heilung und zum Wohlbefinden der Patienten bei, indem sie deren körperlichen, emotionalen und spirituellen Bedürfnisse in Einklang bringen.
Zuhören ist Gold
Wann und wie hört man zu? Wann ist es besser zu schweigen? Und wie zieht man sich aus einem Gespräch zurück, wenn es einem selbst zu viel wird? Vor dem Start ins Ehrenamt lernte Borka Marija Rippe genau das im Rahmen eines einjährigen Qualifizierungskurses zur Seelsorglichen Patientenbegleiterin des Erzbistums Paderborn. Welche Gesprächstechniken die passenden sind, aber auch, wie man sich die Probleme der Patienten und ihrer Angehörigen nicht zu eigen macht, stand dabei im Fokus. „Man muss besonders der Versuchung widerstehen, den Menschen konkrete Lösungen anzubieten. Dafür sind wir Ehrenamtlichen auch nicht geschult. Im Zentrum steht das Zuhören“, so Frau Rippe.
Die Ursprünge der Helios Klinik Attendorn reichen bis weit ins 14. Jahrhundert zurück. Die längste Zeit seiner Geschichte betrieben katholische Ordensschwestern das frühere St. Barbara-Krankenhaus, zuletzt die „Schwestern der Christlichen Liebe“. Dementsprechend gehörte die Krankenhausseelsorge als wichtiger Ausdruck der christlichen Nächstenliebe und Fürsorge bis in die jüngste Vergangenheit wie selbstverständlich zur DNA der Klinik in Sachen Patientenversorgung. Bis zur Corona-Pandemie.
„Als Covid begann, mussten schlagartig die Besuche bei den Patienten einstellt werden. Auch die Gottesdienste in der Kapelle konnten nicht mehr stattfinden.“ Pastor Michael Lütkevedder war viele Jahre als katholischer Religionslehrer, Internatsleiter und in den Gemeinden des Pastoralverbunds Attendorn tätig. Und er schaut nur ungerne auf die Zeit zurück, die große Veränderungen in den Krankenhausabläufen mit sich brachte. „Ich wollte mich nicht damit abfinden, dass Corona zwar überwunden ist, aber wir hier im Haus jetzt mit dieser spirituellen Leere leben müssen“, so Lütkevedder, der selbst die Seelsorge aktiv mitbetreibt.
Ist Krankenhausseelsorge in Attendorn deshalb eine rein katholische Angelegenheit? Nein. Die zunehmende religiöse und kulturelle Vielfalt lässt eine Beschränkung auf Angehörige einer bestimmten Konfession gar nicht zu. Und sie wäre auch nicht gewollt. Daher ist es Lütkevedder wichtig zu betonen, dass die Seelsorge in der Helios Klinik Attendorn allen Menschen, gleich welche religiöse Überzeugung sie vertreten, offenstehe: „Für uns ist jede Person erstmal einfach nur wichtig. Meine eigene religiöse Überzeugung kommt in meinen Worten nicht vor.“
Wieder Gottesdienste in der Kapelle
Der Pastor im Ruhestand organisierte den Neuaufbau der Krankenhausseelsorge mit Freiwilligen und der Unterstützung der Helios Klinik. Das Angebot wird inzwischen gut angenommen wird. „Unsere Patientinnen und Patienten sind großenteils froh, dass es wieder Menschen bei uns gibt, denen sie von ihrem oft schwierigen Alltag in und außerhalb der Klinik berichten können“, sagt Henrik Cermann, stellvertretender Pflegedirektor. Das habe sehr gefehlt. Das gleiche träfe laut Cermann auch auf die Gottesdienste zu. Sie finden ab Oktober wieder jeweils am ersten und dritten Samstag im Monat in der Kapelle statt, mit anschließender Krankenkommunion auf den Zimmern. „Die Zeiten, in denen wir unsere Kapelle als Corona-Teststation nutzen mussten, und nicht für ihren eigentlichen Zweck, sind damit hoffentlich für immer vorbei.“