Freitag, 24. Januar 2025

Top 5 der Woche

Ähnlich

Kern­for­de­run­gen der Apo­the­ken vor der Euro­pa­wahl

Kei­ne Anti­bio­ti­ka, kei­ne Dia­be­tes­mit­tel, kei­ne Schmerz­prä­pa­ra­te: „Das Pro­blem der Arz­nei­mit­tel-Lie­fer­eng­päs­se dau­ert wei­ter an und wird so schnell auch nicht ver­schwin­den. Eine nach­hal­ti­ge Lösung wer­den wir nicht zuletzt auf euro­päi­scher Ebe­ne suchen müs­sen“, sagt Ulf Ullen­boom, Vor­sit­zen­der der Bezirks­grup­pe Olpe im Apo­the­ker­ver­band West­fa­len-Lip­pe (AVWL). „Auch des­halb ist es wich­tig, dass die Bür­ge­rin­nen und Bür­ger am 9. Juni 2024 zur Euro­pa­wahl gehen und sich mit den gesund­heits­po­li­ti­schen Posi­tio­nen der Par­tei­en aus­ein­an­der­set­zen“, for­dert er auf.

Hand­werk­li­che Her­stel­lung bewah­ren
Auch wenn mit Blick auf die Ver­füg­bar­keit von Arz­nei­mit­teln eine euro­päi­sche Lösung erfor­der­lich sei, müs­se in der Gesund­heits­ver­sor­gung grund­sätz­lich die mit­glied­staat­li­che Kom­pe­tenz gewahrt wer­den, so Ulf Ullen­boom. „Zum Bei­spiel müs­sen wir Apo­the­ken vor Ort in Deutsch­land auch in Zukunft Rezep­tu­ren und Defek­tu­ren wie indi­vi­du­el­le Sal­ben und Cremes her­stel­len kön­nen, im Fal­le von Lie­fer­eng­päs­sen aber auch Fie­ber­säf­te und Zäpf­chen. Wie wich­tig die­se Mög­lich­kei­ten sind, haben wir in der Coro­na-Pan­de­mie wie auch in der Eng­pass­kri­se erfah­ren.“

Die Chan­cen der Digi­ta­li­sie­rung im Gesund­heits­we­sen müss­ten auf EU-Ebe­ne genutzt wer­den, um Dia­gno­se- und The­ra­pie­ent­schei­dun­gen zu ver­bes­sern. „Zugleich aber ist der Schutz der per­sön­li­chen Pati­en­ten­da­ten zu gewähr­leis­ten. Und wir dür­fen im Zuge der Digi­ta­li­sie­rung nie­man­den auf der Stre­cke las­sen: Elek­tro­ni­sche Packungs­bei­la­gen kön­nen gedruck­te Pati­en­ten­in­for­ma­tio­nen nicht kom­plett erset­zen“, so Ulf Ullen­boom. „Wenn die Apo­the­ken hier ein­sprin­gen und papie­re­ne Bei­pack­zet­tel zur Ver­fü­gung stel­len sol­len, dann darf dies nicht zu zusätz­li­chen Belas­tun­gen füh­ren.“

Erhalt der Frei­be­ruf­lich­keit
Zudem for­dert er, dass sich die künf­ti­gen EU-Par­la­men­ta­ri­er für den Erhalt der Frei­be­ruf­lich­keit ein­set­zen. „Gera­de im Gesund­heits­we­sen ist der per­sön­lich haf­ten­de Frei­be­ruf­ler die tra­gen­de Säu­le einer guten, ver­läss­li­chen und siche­ren Pati­en­ten­ver­sor­gung.“ Gro­ße Apo­the­ken­ket­ten im Fremd­be­sitz eines aus­län­di­schen Kapi­tal­ge­bers hin­ge­gen wür­den die Gefahr ber­gen, sich weni­ger am Pati­en­ten­wohl,
son­dern viel­mehr an den Inter­es­sen ihrer Geld­ge­ber zu ori­en­tie­ren.

For­de­run­gen auch gegen­über der inlän­di­schen Poli­tik
Das Ende der von einem per­sön­lich ver­ant­wort­li­chen Inha­ber geführ­ten Apo­the­ke dro­he aktu­ell aber auch aus dem Inland: Die Bun­des­re­gie­rung den­ke der­zeit dar­über nach, in Deutsch­land Apo­the­ken ohne Apo­the­ker zuzu­las­sen. „Soweit darf es nicht kom­men“, so Ulf Ullen­boom. Denn dies wür­de dazu füh­ren, dass Pati­en­ten gera­de in länd­li­chen Regio­nen wei­te­re Wege bis zur nächs­ten voll­wer­ti­gen Apo­the­ke mit Not­dienst, Medi­ka­ti­ons­be­ra­tun­gen, Imp­fun­gen und vie­len wei­te­ren Leis­tun­gen zurück­le­gen müss­ten. Dem poli­ti­schen Hand­lungs­ziel der Schaf­fung gleich­wer­ti­ger Lebens­ver­hält­nis­se lie­fe dies dia­me­tral zuwi­der.

Die Arz­nei­mit­tel­ver­sor­gung sei also kei­nes­wegs nur auf EU-Ebe­ne zu ver­tei­di­gen. Natio­nal müs­se die Ampel­ko­ali­ti­on Sofort­maß­nah­men ergrei­fen, um die flä­chen­de­cken­de phar­ma­zeu­ti­sche Ver­sor­gung der Men­schen sicher­zu­stel­len. Dazu gehö­re auch, dem Apo­the­ker als dem Exper­ten für das Arz­nei­mit­tel dau­er­haft weit­rei­chen­de Kom­pe­ten­zen betref­fend den Aus­tausch von Arz­nei­mit­teln und Dar­rei­chungs­for­men ein­zu­räu­men, for­dert Ulf Ullen­boom.
„Ein Drit­tel der Apo­the­ken vor Ort ist wirt­schaft­lich gefähr­det, weil uns die zustän­di­ge Poli­tik seit 20 Jah­ren kei­nen Infla­ti­ons­aus­gleich zuge­stan­den hat.“ Mitt­ler­wei­le müss­ten die Apo­the­ken pro ver­schrei­bungs­pflich­ti­ger Arz­nei­mit­tel­pa­ckung, die sie an einen gesetz­lich ver­si­cher­ten Pati­en­ten

ben, 46 Cent drauf­zah­len. Dies sei bis­lang nur mach­bar gewe­sen, weil der phar­ma­zeu­ti­sche Groß­han­del die Apo­the­ken durch Skon­ti sub­ven­tio­niert habe. Dies sei nach einem Urteil des Bun­des­ge­richts­ho­fes nicht mehr mög­lich. „Hier muss die Poli­tik ganz drin­gend eine Lösung fin­den“, so Ulf Ullen­boom, „wenn sie die flä­chen­de­cken­de Arz­nei­mit­tel­ver­sor­gung durch Apo­the­ken auf­recht­erhal­ten will. Der Staat hat hier eine Schutz­pflicht gegen­über sei­nen Bür­gern.“

Er fügt hin­zu: „Natio­nal muss die Poli­tik ihre Kom­pe­ten­zen voll aus­schöp­fen und die flä­chen­de­cken­de Arz­nei­mit­tel­ver­sor­gung der Bür­ger sowie das Apo­the­ken­netz sicher auf­stel­len. Nur wenn das Fun­da­ment soli­de ist, kön­nen sich auch die Vor­zü­ge einer gemein­sa­men euro­päi­schen Poli­tik ent­fal­ten.“

Der Apo­the­ker­ver­band West­fa­len-Lip­pe e.V. (AVWL):
Die Apo­the­ken in West­fa­len-Lip­pe ver­sor­gen die Bevöl­ke­rung mit lebens­wich­ti­gen Arz­nei­mit­teln, sie bera­ten die Men­schen kom­pe­tent und ver­trau­lich und erbrin­gen wohn­ort­nah phar­ma­zeu­ti­sche Dienst­leis­tun­gen. Der AVWL ver­tritt die Inter­es­sen von rund 1.200 Apo­the­ken­in­ha­bern mit 1700 Haupt- und Fili­al­apo­the­ken. Er ver­steht sich als Zweck­ver­band für die wirt­schaft­li­chen, recht­li­chen und berufs­po­li­ti­schen Inter­es­sen sei­ner Mit­glie­der und ver­tritt die­se nach außen. Wei­te­re Infor­ma­tio­nen unter www.apothekerverband.de

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein

Beliebte Beiträge