Dienstag, 13. Mai 2025

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Ger­ia­tri­sche Tages­kli­ni­ken hal­ten ganz­heit­li­che Ange­bo­te bereit

Auch der Kreis Olpe wird älter: Rund um den Big­ge­see liegt die Lebens­er­war­tung bei über 80 Jah­ren. Mit dem Alter stei­gen die gesund­heit­li­chen Risi­ken. Die ger­ia­tri­sche Tages­kli­nik an der Heli­os Kli­nik Atten­dorn gehört zu den weni­gen, dar­auf spe­zia­li­sier­ten Ein­rich­tun­gen in der Regi­on.

gottfried brogger
Gott­fried Brög­ger (Foto: Heli­os Kli­nik Atten­dorn)
  • Es ist kurz vor zehn und Gott­fried Brög­ger nimmt einen gro­ßen Schluck aus sei­ner Kaf­fee­tas­se. Der 77-jäh­ri­ge aus Fret­ter bei Fin­nen­trop schlägt noch­mal die Tages­zei­tung auf und blät­tert sich durch zum Lokal­teil. Als sich die ande­ren Pati­en­ten der Tages­kli­nik nach und nach ein­fin­den, begrüßt er jeden herz­lich. Man kennt sich und kommt gut mit­ein­an­der aus. Wie auch er wer­den sie mor­gens von einem Fahr­dienst abge­holt und am Nach­mit­tag wie­der nach Hau­se gebracht. Alle Senio­rin­nen und Senio­ren hier eint ein gemein­sa­mes Ziel: Nach einem gesund­heit­li­chen Rück­schlag wol­len sie sich zuhau­se wie­der zurecht­fin­den. Eine Betreue­rin tritt an die gro­ße Tisch­grup­pe her­an, erkun­digt sich bei jedem nach dem Befin­den und macht sich Noti­zen. Das heu­ti­ge The­ra­pie­pro­gramm beginnt all­mäh­lich. Zwei Wochen lang hat man Zeit, sich nicht nur zu erho­len, son­dern buch­stäb­lich wie­der auf die Bei­ne zu kom­men. „Du bist hier wie­der wie ein klei­nes Baby und lernst die ein­fachs­ten Din­ge noch­mal von vor­ne“, fin­det Herr Brög­ger.
  • Sein Lebens­lauf ist alles ande­re als lang­wei­lig. Beruf­lich star­tet er als Land- und Forst­wirt auf dem Hof der Eltern ins Erwerbs­le­ben, dane­ben ist die Jugend­ar­beit sei­ne gro­ße Lei­den­schaft. Das Hob­by wird bald Beru­fung: Mit­te der 1970er Jah­re zieht er nach Köln und stu­diert Frei­zeit­päd­ago­gik, betreut Aben­teu­er­spiel­plät­ze in der Dom­stadt. Ein ganz ande­res Leben. Irgend­wann geht es mit sei­ner Frau wie­der ins Sau­er­land zurück. Hier lei­tet er ver­schie­de­ne Jugend­ein­rich­tun­gen. Sein sozia­les Enga­ge­ment ebbt nicht ab: Wäh­rend des Jugo­sla­wi­en­krie­ges nimmt er Kriegs­flücht­lin­ge bei sich zuhau­se auf. Als sein väter­li­cher Hof sei­ne Unter­stüt­zung benö­tigt, hilft er wie­der tat­kräf­tig mit, ihn zu erhal­ten. Inzwi­schen lei­tet eines sei­ner vier Kin­der den Betrieb. Und Herr Brög­ger möch­te den wohl­ver­dien­ten Ruhe­stand mit sei­ner Fami­lie und den zwei Enkeln genie­ßen, mit ihnen Wild­schwei­ne füt­tern und ihnen drau­ßen im Wald die Tie­re erklä­ren. So sei­ne Vor­stel­lung. Doch die Gesund­heit spielt nicht mit.
  • Nur weni­ge Tages­kli­ni­ken in der Regi­on
  • „Nach einer Herz-OP Ende ver­gan­ge­nen Jah­res und noch einer Hüft-OP im Früh­som­mer war Herr Brög­ger gesund­heit­lich stark ange­schla­gen. Er gehört aber zu denen, die von unse­rem ganz­heit­li­chen The­ra­pie­an­ge­bot enorm pro­fi­tie­ren.“
  • Dr. Vol­ker Spart­mann ist Lei­ter sowohl der Ger­ia­trie als auch der ger­ia­tri­schen Tages­kli­nik in Atten­dorn. In der Ein­rich­tung Tages­kli­nik sieht der Fach­mann für Alters­me­di­zin vie­le Vor­tei­le, gera­de für älte­re Men­schen, die kogni­tiv noch belast­bar und nicht schwers­ter­krankt sind. Lei­der
  • gibt es für die­se Grup­pe im länd­li­chen Raum nur sehr weni­ge Behand­lungs­mög­lich­kei­ten wie in Atten­dorn und er fügt an, dass es im Umkreis von 50 Kilo­me­tern nur drei wei­te­re Ein­rich­tun­gen die­ser Art gebe. Dabei sind sie beson­ders effek­tiv. Eine ger­ia­tri­sche Tages­kli­nik ver­eint medi­zi­ni­sche Ver­sor­gung, The­ra­pie und sozia­le Unter­stüt­zung, um die Gesund­heit, Selbst­stän­dig­keit und Lebens­qua­li­tät der Pati­en­ten zu för­dern, wäh­rend sie gleich­zei­tig in ihrer ver­trau­ten Umge­bung ohne voll­sta­tio­nä­ren Kli­nik­auf­ent­halt leben kön­nen. „Bei rund 90 Pro­zent unse­rer Pati­en­ten ver­zeich­nen wir nach dem Auf­ent­halt Ver­bes­se­run­gen des gesund­heit­li­chen Zustands“, so Dr. Spart­mann.

Umso wich­ti­ger ist es, sol­che Ange­bo­te über­haupt vor Ort bereit­hal­ten zu kön­nen. Das sieht auch Atten­dorns Bür­ger­meis­ter Chris­ti­an Pospi­schil so: „In Zei­ten einer älter wer­den­den Gesell­schaft ist es wich­tig, dass die Heli­os Kli­nik mit der ger­ia­tri­schen Tages­kli­nik in Atten­dorn ein bedarfs­ge­rech­tes und kom­pe­ten­tes Ange­bot für älte­re Men­schen vor­hält. „Und ich freue mich sehr, dass gera­de die Men­schen in Atten­dorn und Umge­bung davon pro­fi­tie­ren.“

Selbst­ver­ständ­lich ist das nicht. Eine Struk­tur­er­he­bung des Bun­des­ver­ban­des Ger­ia­trie über die gesam­te Ver­sor­gungs­si­tua­ti­on mit Kli­ni­ken für Ger­ia­trie belegt, dass die Anzahl ver­füg­ba­rer ger­ia­tri­scher Bet­ten sowohl hin­sicht­lich der Gesamt­ka­pa­zi­tä­ten in den ein­zel­nen Bun­des­län­dern als auch auf Kreis­ebe­ne im Durch­schnitt nicht aus­rei­chend ist, um den ger­ia­trie­spe­zi­fi­schen Ver­sor­gungs­be­darf voll­um­fäng­lich abzu­de­cken. Ins­be­son­de­re im länd­li­chen Raum sei­en teil­sta­tio­nä­re Ver­sor­gungs­an­ge­bo­te zum Teil nur schwer zu rea­li­sie­ren, was auch für die Ger­ia­trie zuträ­fe, so Geschäfts­füh­rer Dirk van den Heu­vel.

 Ganz­heit­li­che The­ra­pie tags­über und abends wie­der zuhau­se

  • „Wir bie­ten eine Rund-um-Betreu­ung und Behand­lung über den Tag hin­weg, ohne dass die­se dau­er­haft in einem Kran­ken­haus oder Pfle­ge­ein­rich­tung blei­ben müs­sen“, erklärt Chef­arzt Dr. Spart­mann den mul­ti­dis­zi­pli­nä­ren Ansatz, den die Heli­os Kli­nik Atten­dorn dabei ver­folgt.
  • Ziel sei es bei den meis­ten Pati­en­ten, eine Pfle­ge­be­dürf­tig­keit mög­lichst lan­ge hin­aus­zu­schie­ben oder ganz zu ver­hin­dern, fügt Dr. Lak­sh­man Man­oran­jan, Ober­arzt der Ger­ia­trie am Atten­dor­ner Kran­ken­haus, an. Vie­le hät­ten ihr Leben lang nie mit Ärz­ten zu tun gehabt, und plötz­lich wer­fe sie ein Schlag­an­fall oder ein Sturz kom­plett aus der Bahn, so Man­oran­jan. Um ihnen wie­der zurück in einen All­tag in den eige­nen vier Wän­den zu ver­hel­fen, gebe es eine eng­ma­schi­ge Beglei­tung durch Fach­me­di­zi­ner, die täg­lich die Pati­en­ten auf­su­chen und so eine alters­ge­rech­te Dia­gnos­tik und The­ra­pie erar­bei­ten könn­ten. Aber auch die sozia­len Kon­tak­te zum Per­so­nal und den ande­ren Pati­en­ten sei­en eine posi­ti­ve Begleit­erschei­nung. „Vie­le, die zu uns kom­men, haben im All­tag nur noch sehr weni­ge Kon­tak­te. Das Mit­ein­an­der bei uns und die Beschäf­ti­gung geben ihnen wie­der einen rich­ti­gen Schub“, sagt Man­oran­jan.
  • Für Gott­fried Brög­ger bedeu­tet das eine Kom­bi­na­ti­on aus Ergo- und Phy­sio­the­ra­pie sowohl ein­zeln als auch in der Grup­pe. Kraft­übun­gen im kli­nik­ei­ge­nen „Fit­ness­stu­dio“ am Kabel­zug oder mit klei­nen Gewich­ten stär­ken die Mus­ku­la­tur und erhö­hen wie­der die Aus­dau­er und Beweg­lich­keit. Aber auch die Fein­mo­to­rik kommt nicht zu kurz, denn auch Flech­ten oder Bas­tel­ar­bei­ten sind Bestand­teil des ergo­the­ra­peu­ti­schen Pro­gramm­teils.
  • Er kann dank des zwei­wö­chi­gen Auf­ent­halts nach sei­ner Hüft-OP sei­nen Gesund­heits­zu­stand wesent­lich ver­bes­sern. „Die gan­ze Mühe hat sich gelohnt“, so der Groß­va­ter zwei­er Enkel­kin­der. Er freue sich nun dar­auf, wie­der mit den bei­den im Wald zu spa­zie­ren, ohne Angst haben zu müs­sen, nicht mehr mit­hal­ten zu kön­nen.

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