Sobald morgens die Bestelllisten vorliegen, herrscht Hochbetrieb. Wenn Janine Hess kurz vor Mittag die Babyflasche mit integriertem Heizbetrieb fertig montiert in den Händen hält und zum Versand an die Kollegin weiterleitet, strahlen ihre Augen. „Ein tolles Produkt für junge Eltern“, freut sich die 44-jährige aus Olpe. Stolz, ihren Anteil an dem noch recht jungen Produkt für die nächtliche Versorgung des Nachwuchses beizutragen, sind alle 25 Beschäftigten der mechanischen Montage auf dem Askay in Attendorn. Denn bis „die Babyflasche für ausgeschlafene Eltern“ ihren Weg auf den Nachttisch findet, sind viele Arbeitsschritte nötig. Hand in Hand mit viel Sorgfalt und noch mehr Herzblut wird in der Werkstatt am neuen „Lieblingsprodukt“ geschraubt, montiert und verpackt. Bis zu 80 Pakete verlassen hier täglich die Abteilung. Gerade erst wurde ein Versandetikett für eine größere Lieferung nach Dubai aufgeklebt. „Ein schönes Gefühl“, bestätigen die Menschen mit Behinderung, die auch vom Auftraggeber aus dem Rheinland viel Lob und Wertschätzung für ihren „Full-Service“ erfahren.
Vor gut einem halben Jahr erreichte die Werkstatt die Anfrage vom Kölner Unternehmensgründer Fabian Molzberger für sein neuartiges Produkt aus dem Onlinehandel. Abteilungsleitung Melanie Klein berichtet, dass zu Beginn der Zusammenarbeit nur die Rede von der Montage der Trinkflasche war. Diese bestehe schon aus mehreren Einzelteilen und einer Platine mit aufgespielter Software, auf welche ein Wärmepad geklebt werde. Die Flasche mit Heizfunktion bietet jungen Eltern eine wertvolle Entlastung mit nur einer Handbewegung vom Nachttisch aus. „Kurz schütteln und fertig“, bringt es die Beschäftigte Janine Hess an ihrem Arbeitsplatz auf den Punkt.
„Ganz so fix wie in der Anwendung ist die Babyflasche allerdings nicht zusammengebaut und versandfertig verpackt“, so Melanie Klein augenzwinkernd und erläutert mit Fachkraft Susanne Brüggemann die einzelnen Arbeitsschritte, die viel Sorgfalt und Fingerspitzengefühl von den Beschäftigten erfordern.„Bis ein Paket fertig ist, passiert viel.“
Werkstatt als Fulfillment-Dienstleister: „Wir gehen den Weg zusammen mit unseren Kunden“
Für die Menschen mit den unterschiedlichsten Einschränkungen stelle die Nachtflasche jedoch eine willkommene Abwechslung zu den bisherigen Montage-Produkten dar. Von leichten bis anspruchsvollen Aufgaben sei hier für alle 25 Frauen und Männer eine Mitarbeit möglich. „Die Tätigkeiten sind sehr vielseitig und fordernd, führen am Ende des Tages aber zu einem sichtbaren Endprodukt“, freuen sich die Verantwortlichen der Werkstatt zusammen mit den Beschäftigten. „Das macht uns stolz und verleiht der Arbeit daran seinen besonderen Reiz und Mehrwert“, erklärt Brüggemann, die in regelmäßigem Austausch mit dem Kunden steht. „Da kommen dann auch mal Optimierungs- und Anpassungsvorschläge von uns“, verrät die Fachkraft. „Es ist ein toller Weg, den wir hier gemeinsam gehen.“
Mehrere Besuche vor Ort überzeugten den Kunden dann auch sehr schnell, dass das Team aufgrund seiner zuverlässigen Arbeit das „Komplettprogramm“ für ihn abwickeln sollte. Nach den ersten Testläufen mit den Beschäftigten stand für Arbeitsvorbereiter Dirk Habbel und Gruppenleitung Susanne Brüggemann auch schnell fest: „Wir schaffen das! Hand in Hand leistet das Team hier ganz tolle Arbeit“. Stolz, nun auch im Babysegment vertreten zu sein, heißt die Devise fortan: Von der Montage bis hin zu Verpackung und Versand in alle Welt. Unternehmensgründer Fabian Molzberger ist von der Zusammenarbeit begeistert: „Hier wird einfach tolle, verlässliche Arbeit geleistet und unser Austausch ist immer von gegenseitigem Vertrauen und Wertschätzung geprägt. Es ist schön zu erfahren, dass auch die Beschäftigten voll und ganz hinter dem Produkt stehen. Auch sie sind ein Teil der Babyflasche.“
Kleine Flasche – großer Mehrwert
Während Janine Hess, die im kommenden Jahr ihr silbernes Werkstatt-Jubiläum feiert, als „Allrounderin“ die finale Prüfung der Trinkflasche übernimmt und in nahezu allen Montage-, Verpackungs- und Versandschritten eingesetzt werden kann, sind viele Arbeitsbereiche den Menschen mit Behinderung entsprechend ihrer Fertigkeiten gezielt zugeordnet. „Gleichzeitig“, so Brüggemann, „sind wir auch immer daran interessiert, die Beschäftigten an neue Aufgaben heranzuführen und in einer Art rotierendem Prinzip zu fördern.“
So kann sich Alexander Brans, der seit knapp drei Jahren in der Werthmann-Werkstatt arbeitet und vorher in anderen Montagebereichen tätig war, gerade keine erfüllendere Arbeit vorstellen: „In unserer Gruppe herrscht ein tolles und wertschätzendes Miteinander und die abwechslungsreiche Tätigkeit ist einfach nur toll“, so der 27-jährige aus Plettenberg beim Aufschrauben der Saugaufsätze. „Jede Bestellung ist anders, da bei uns auch Ersatzteile geordert werden. Zu sehen, wie das fertige Produkt unsere Werkstatt verlässt und beim Endkunden so gut ankommt, ist einfach nur: wow!“