In einem Baugebiet bei Neu-Listernohl (Kreis Olpe) haben Archäologen die Spuren eines über 2.000 Jahre alten Hofs aus der Eisenzeit entdeckt. Die aktuelle Ausgrabung durch eine archäologische Fachfirma im Auftrag der Stadt Attendorn und in Abstimmung mit dem Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) ergab damit den bisher ältesten Grundriss eines Wohngebäudes für das Sauerland überhaupt.

„Die Grabungen haben zahlreiche, sehr aussagekräftige Befunde ergeben“, bestätigt der Grabungsleiter Jonathan Nekes. „Die bedeutendste Entdeckung ist ein Gebäudegrundriss.“ Das Haus, das hier einst stand, war aus Holz gebaut. Erhalten sind nur noch die Gruben der Pfosten, die sich als Bodenverfärbungen gut erkennen lassen. „Zwei Reihen von Pfostengruben lassen Rückschlüsse auf ein größeres Gebäude zu.“ Für eine genaue Rekonstruktion sind jedoch noch weitere Analysen notwendig.

Siedlungsgrube Attendorn - LWL
Ein Archäologe legt eine eisenzeitlichen Siedlungsgrube frei. Foto: EggensteinExca

Zahlreiche weitere Pfostenlöcher auf der über einem Hektar großen Ausgrabungsfläche deuten auf Nebengebäude hin. Dabei kann es sich um Speicherbauten handeln, in denen beispielsweise Getreide gelagert wurde. „Wir haben hier also nicht nur ein einzelnes Gebäude, sondern einen umfangreichen Hof“, so Nekes.

Anhand von Keramikscherben datieren die Archäologen die Anlage in die Eisenzeit. Der Hof hat also ein Alter von über 2.000 Jahren. Die Scherben stammen unter anderem von großen, tonnenförmigen Vorratsgefäßen, die typisch für die Epoche sind.

Keramikscherben archäologen Attendorn LWL
Am Boden einer eisenzeitlichen Grube sind neben Steinen zahlreiche große Keramikscherben überliefert, die an ihrer rötlich-braunen Färbung gut zu erkennen sind. Foto: EggensteinExca

Darüber hinaus stießen die Wissenschaftlerinnen im Umfeld des Hauses auf Gruben. Solche Gruben wurden häufig zur Entnahme von Lehm oder zum Verwahren von Vorräten angelegt. Später wurden die Gruben dann oft zur Müllentsorgung genutzt. Auch ein Brunnenschacht kam zutage, der noch gut 2,5 Meter tief erhalten war.

„Es ist uns hier gelungen, für das gesamte Sauerland erstmals Gebäudegrundrisse aus der Urgeschichte freizulegen“, erläutert Prof. Dr. Michael Baales, Leiter der Außenstelle Olpe der LWL-Archäologie für Westfalen.

Gebäudegrundrisse Attendorn - LWL
Um die Gebäudegrundrisse zu veranschaulichen, haben die Archäologen helle Birkenstammabschnitte auf die Pfostenspuren gestellt. Foto: LWL/M. Baales

Neben der eisenzeitlichen Hofstelle fanden die Forscher auf der Ausgrabungsfläche auch noch Spuren einer späteren Nutzung. Aus der Neuzeit stammen die Reste von drei großen Feldbrandöfen, in denen Kalk gebrannt wurde. Der Kalkstein konnte direkt vor Ort abgebaut werden. Mit dem Kalk als Grundstoff für Kalkmörtel sind in der Umgebung sicher zahlreiche Gebäude errichtet worden.

neuzeitliche Kalkbrennöfen Attendorn - LWL
Die neuzeitlichen Kalkbrennöfen sind bemerkenswert gut erhalten. Foto: LWL/Baales

Erste Hinweise auf die eisenzeitliche Besiedlung erhielten die LWL-Archäologen im Frühjahr 2019 bei Probegrabungen. Die Ausgrabungen waren notwendig geworden, da dieses Areal von der Stadt Attendorn großflächig überbaut werden soll und die Archäologen eine frühere Besiedelung annahmen. „Meistens graben wir dann, wenn wir oberflächliche Funde wie Scherben oder Steinwerkzeuge haben“, erklärt LWL-Archäologin Dr. Eva Cichy. „Hier in Neu-Listernohl hat uns jedoch die Geländesituation aufmerksam gemacht: Fruchtbare Böden und die Nähe eines Fließgewässers waren schon immer für Siedler attraktiv.“ Tatsächlich hatte die mit der Stadt Attendorn vereinbarte Voruntersuchung größere Gruben mit zahlreichen großen Keramikscherben aus der Eisenzeit erbracht. Aufgrund dieser Ergebnisse waren dann flächige Untersuchungen an der Stelle unvermeidlich, die seit Mitte Oktober von einer Fachfirma durchgeführt werden.

Die Grabung wird in den nächsten Tagen abgeschlossen.

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